Justizministerin weiter energisch gegen NPD-Verbotsverfahren

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat die Bundesregierung davor gewarnt, sich dem geplanten NPD-Verbotsantrag der Länder anzuschließen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Die Risiken sind seit dem Scheitern des ersten Verbotsverfahrens nicht unbedingt geringer geworden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Welt". "Die Bundesregierung ist gut beraten, sich eine eigene Meinung zu bilden." Auch im Bundestag gebe es große Zweifel.

"Ich kann nur warnen: Der frühere Innenminister Schily ist in Karlsruhe kläglich gescheitert", sagte sie. Das V-Leute-Problem sei "noch nicht sicher ausgeräumt", betonte die Ministerin. "Es sind im Lauf des Jahres wohl V-Leute abgeschaltet worden. Aber ob das gesamte Material von Informanten des Verfassungsschutzes unbeeinflusst ist, wollen nur wenige Länder garantieren." Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte: "Die Innenminister wollen ein politisches Signal setzen - und blenden dabei ihre eigenen Zweifel aus." Niemand solle sich fragen, "ob er im Wahlkampf besser dasteht, wenn er einen NPD-Verbotsantrag unterstützt", mahnte sie.

"Das wäre unverantwortlich." Leutheusser-Schnarrenberger hält es auch für möglich, dass ein Verbot der NPD später vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgehoben werden könnte. "Das wird eine sehr kritische zweite Prüfung, die wir bei unserer Entscheidung in Deutschland im Blick haben müssen", sagte sie.

Selbst ein erfolgreiches NPD-Verfahren wäre in den Augen der Ministerin kein entscheidender Schlag gegen den Rechtsextremismus. "Die rund 6000 NPD-Mitglieder können leicht in anderen rechtsextremistischen Organisationen unterkommen oder neue Gruppierungen ins Leben rufen", sagte sie. In Nordrhein-Westfalen gründe sich bereits eine Formation, die sich "Die Rechte" nenne. Leutheusser-Schnarrenberger hob hervor: "Die Terrorzelle NSU hat zehn Jahre lang ungehindert gemordet. Kommen wir da weiter mit einem Verbot? Das ist doch kein Erfolg gegen den Rechtsextremismus! Eine Organisationshülle fällt weg - nicht mehr und nicht weniger."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 06.12.2012

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