Künast: Geringer Frauenanteil in Chefetagen nicht mit Grundgesetz vereinbar

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, hält den geringen Frauenanteil in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Künast sagte "Bild am Sonntag": "Das ist ein permanenter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes. Da hat die Politik den Auftrag, das abzustellen." Künast weiter: "Die großen deutschen Unternehmen sind auch im Jahr 2011 noch Orte reiner Männerherrlichkeit. Das liegt nicht daran, dass es an fähigen Frauen fehlt. Wir brauchen endlich die Quote." Künast äußerte konkrete Forderungen nach der Ausgestaltung einer rechtlich bindenden Frauenquote: "Erstens Frauenquote für die Aufsichtsräte, zweitens für die Vorstände. Und drittens ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, das zum Beispiel familienfreundliche Arbeitszeiten festschreibt. Erst dann haben Frauen in allen Berufsgruppen und Hierarchieebenen Aufstiegsmöglichkeiten. Deutschland muss weiblicher werden."

Künast hat keine Schwierigkeiten damit, selbst als Quotenfrau bezeichnet zu werden. "Na klar, was ist schlecht daran? Ich stehe zur Quote. Im Übrigen: Auch Frau von der Leyen ist eine Quotenfrau, und auch Angela Merkel war als Ministerin eine Quotenfrau."

Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Berliner Landtagswahlen im kommenden September übte scharfe Kritik an der Frauenpolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Sie tut gar nichts für Frauen. Im Gegenteil: Sie stoppt die Quote und versetzt damit allen Frauen in Deutschland einen harten Schlag. Die Botschaft der Kanzlerin lautet doch: Frauen kriegen in diesem Land keine Chance. Sie sollen sich allein gegen alle Widerstände nach oben kämpfen und alle Verletzungen einstecken. Frau Merkel regiert gegen die Frauen und kämpft nicht gegen den Druck der Wirtschafts- und der Männerlobby." Künast weiter: "Dass Merkel ausgerechnet hier eingeknickt ist, sagt viel über ihre Unfähigkeit aus, unser Land zu modernisieren. Das zeigt, wie schwer es Frauen noch immer haben." Männerdominierte Unternehmensstrukturen hält Künast für wirtschaftsschädlich: "Die Frage ist doch, ob eine starre 100-Prozent-Männerquote die Bilanzen verbessert! Ich bin fest davon überzeugt, dass dies unserer Wirtschaft schadet. Erstens sind gemischte Teams erfolgreicher, und zweitens dürfen wir angesichts des Fachkräftemangels nicht länger zusehen, dass Frauen, denen Chancen versperrt werden, ins Ausland gehen." Künast sieht die schwangere Familienministerin Kristina Schröder nicht als Vorbild für Frauen, die Kinder und Karriere verbinden wollen: "Ein Staatssekretär und eine Ministerin bekommen ihr Kind doch unter Luxusbedingungen. Da steht immer ein Kindermädchen bereit, da gibt es immer einen Extra-Raum zum Stillen. Das wird einer normalen Arbeitnehmerin nicht geboten."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 05.02.2011

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