Koalition und Opposition fordern EU zum Handeln gegen türkische Führung auf

Mit scharfen Worten haben Politiker von Koalition und Opposition den neuen gewaltsamen Polizeieinsatz gegen Demonstranten auf dem Taksim-Platz in Istanbul kritisiert und Konsequenzen gefordert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Das massive Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte ist inakzeptabel, es macht die von Ministerpräsident Erdogan geäußerte Dialogbereitschaft völlig unglaubwürdig", sagte der Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff (CDU), "Handelsblatt-Online". Zudem widerspreche die Polizeigewalt europäischen Werten, insbesondere der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, zu denen sich die Türkei als Mitglied des Europarates verpflichtet habe. Schockenhoff fordert von den Nato-Staaten, dem türkischen Partner "sehr deutlich" zu verstehen zu geben, dass dieses Verhalten für ein Mitglied einer Wertegemeinschaft wie der Nato "unwürdig" sei.

Der CDU-Politiker verlangte zudem von der Hohen Beauftragten für die EU-Außenpolitik, Catherine Ashton, und dem EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle, "umgehend in direkten Gespräche dem türkischen Ministerpräsidenten deutlich zu machen, dass das massive Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte eine deutliche Belastung für die EU-Türkei-Beziehungen bedeutet". Allerdings, fügte Schockenhoff hinzu, sollten die EU-Erweiterungsgespräche fortgesetzt werden, gerade auch um Einfluss und Druck auf die Türkei ausüben zu können. Auch die SPD sieht Handlungsbedarf.

"Das Vorgehen der Polizei konterkariert die Ankündigung von Erdogan am Mittwoch, die Führer der Protestbewegung zu treffen und trägt unnötig zur Eskalation bei", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich. In Fragen der Menschenrechte mache es keinen Unterschied, ob man Mitglied der EU sei oder nicht. Der Grünen-Politiker Volker Beck warnte vor vorschnellen Reaktionen der EU-Partner.

"Ausgerechnet in dieser Situation, in der es einen Aufstand gegen antidemokratische Entwicklungen gibt, ist ein Aussetzen der Beitrittsverhandlungen ein fatal falsches Signal. Wer jetzt fordert, die Beitrittsverhandlungen auszusetzen, fällt den demokratischen Demonstranten in den Rücken und erklärt deren Kampf für verloren", sagte Beck "Handelsblatt-Online". Auch der SPD-Außenpolitiker Mützenich würdigte die Proteste auf dem Taksim-Platz als Zeichen für eine kritische und selbstbewusste Bürgergesellschaft, die Verantwortungsbewusstsein und Respekt der politischen Klasse einfordere.

"Die Behörden und die Polizei müssen mit dazu beitragen, dass die Proteste friedlich bleiben", sagte er. "Die politisch Verantwortlichen haben hier eine große Verpflichtung."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.06.2013

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