Kretschmann: Europa steckt in Vertrauenskrise

Europa steckt nach Ansicht des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) in einer grundsätzlichen Vertrauenskrise.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Nach dem EU-Gipfel sagte Kretschmann dem Nachrichtenmagazin "Focus": "Wir haben in Europa nicht nur eine Finanz- und Staatsschuldenkrise, wir haben eine Vertrauenskrise. Die Menschen sind verunsichert, weil die Maßnahmen unüberschaubar geworden sind. Ich sehe wenig Transparenz in den Vorgängen, auch weil die Parlamente nicht ausreichend beteiligt wurden."

Trotzdem sei er überzeugt, dass der Gipfel ein richtiges Signal gegeben hat: "Wir brauchen mehr Europa. Wenn sich im Moment nicht alle auf diesen Weg machen können, dann müssen die Willigen vorausgehen." Bundesbank-Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele glaubt an den Euro, "aber nur wenn es ein stabiler Euro ist".

Thiele zu "Focus": "Das bedeutet, dass jedes Land für seinen eigenen Haushalt, seine Neuverschuldung und seinen Schuldenstand selbst verantwortlich ist." Der CDU-Politiker und Rettungsschirm-Kritiker Wolfgang Bosbach sieht eine Zukunft für den Euro nach dem jüngsten EU-Gipfel, "aber nur dann, wenn alle Euro-Staaten den guten Absichten konkrete Taten folgen lassen". Entscheidend sei "die Übereinstimmung von Wort und Tat. Eine Währungs- und Stabilitätsunion wird auf Dauer Bestand haben, eine Transfer- und Schuldenunion nicht!" Der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Friedrich Merz, sagte "Focus", er sehe nach dem Gipfel "ein gemischtes Bild: Die Euro-Staaten erweisen sich als handlungsfähig, aber die notwendige einstimmige Änderung der EU-Verträge scheitert am Votum der Briten. Der Euro wird von den 17 Staaten, die die gemeinsame Währung eingeführt haben, gegen die Folgen der Staatsschuldenkrise aktiv in Schutz genommen", so Merz. "Die Staats- und Regierungschefs scheinen verstanden zu haben, dass sie in ihren Ländern wirklich etwas tun müssen gegen die über Jahrzehnte aufgehäuften Schulden. Ob die Maßnahmen ausreichen, wird sich zeigen, aber die Richtung stimmt."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.12.2011

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