Kritik an transatlantischer Freihandelszone wird laut

Führende Handelsökonomen warnen die EU davor, ein transatlantisches Freihandelsabkommen mit den USA einzugehen.

New York (dts Nachrichtenagentur) - Gerade aus europäischer Sicht sei das ganze Projekt "keine gute Idee", sagte Jagdish Bhagwati, ein renommierter Handelsexperte und Professor an der New Yorker Columbia University, der "Welt am Sonntag" (10. Februar 2013). Derzeit treiben die EU und die USA ein solches Abkommen voran. In der kommenden Woche wird eine transatlantische Arbeitsgruppe Empfehlungen abgeben und wahrscheinlich die Aufnahme konkreter Verhandlungen vorschlagen.

Zahlreiche hochrangige Politiker wie Bundekanzlerin Angela Merkel oder US-Vizepräsident Joe Biden hatten sich zuletzt für ein Abkommen ausgesprochen. Europa sei in Handelsfragen deutlich flexibler als die USA, sagt Bhagwati. Dank der EBA-Initiative etwa, durch die ärmsten Länder mit Ausnahme von Waffen zollfrei Produkte nach Europa exportieren können, genössen die Europäer größeres Wohlwollen.

"Diesen Wettbewerbsvorteil würde sich Europa durch ein transatlantisches Abkommen nehmen", warnt Bhagwati. "Die EU sollte die Pläne deshalb begraben. Sonst schwächt sie sich nur selbst. Und die Entwicklungsländer sind ohne ein solches Abkommen ohnehin besser dran." Rolf Langhammer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft sagte gegenüber der "Welt am Sonntag", Entwicklungsländer könnten eine transatlantische Freihandelszone "als Ausschluss verstehen, vielleicht sogar als eine Erpressung zulasten Dritter". Langhammer befürchtet, ein transatlantischer Zusammenschluss werde Europa per Saldo sogar schaden, weil er zulasten der Wirtschaftsbeziehungen mit den Schwellenländern geht.

Im Berliner Wirtschaftsministerium betont man zwar, die Europäer würden dafür sorgen, dass das Abkommen offen für den Beitritt weiterer Länder bleibe. Langhammer hält davon wenig: "Offenen Regionalismus gibt es nicht." Entsprechende Ansätze, etwa im Zusammenhang mit dem pazifischen Verbund Apec, seien gescheitert. Auch zweifeln Experten, dass EU und USA beim großen Zankapfel Agrarwirtschaft tatsächlich eine Einigung erzielen können. "Schon in der Doha-Runde haben sich Europäer und Amerikaner in Agrarfragen nicht einigen können. Wie wollen sie es jetzt schaffen", fragt sich Wirtschaftsprofessor David Vogel von der Universität von Kalifornien. "Ich sehe nicht, worauf sich die USA und die EU in der Agrarpolitik einigen wollen", sagt auch Bhagwati. Bhagwati sieht zudem die Gefahr, dass Europa als treibende Kraft einer späteren multilateralen Handelsliberalisierung ausfiele: "In der Doha-Runde waren die USA die Bremser und die Europäer die Antreiber." Nach Abschluss eines transatlantischen Liberalisierungsvertrags dagegen, befürchtet Bhagwati, "müssten die Europäer stärker auf die Interessen der USA und ihrer Lobbygruppen achten".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 10.02.2013

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