Lafontaine fordert Reform des Währungssystems

Der frühere Vorsitzende der Linken und ehemalige Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine sieht im gegenwärtigen Euro-System eine Gefahr für den Sozialstaat und fordert deshalb eine Reform des Währungssystems.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In einem Gastbeitrag für "Handelsblatt-Online" spricht er sich dafür aus, das bestehende System grundlegend zu ändern. "Das Euro-System ist falsch konstruiert und kann nicht funktionieren. Ein Haus, dessen Statik nicht stimmt, bricht irgendwann zusammen", schreibt Lafontaine.

Daher müsse ein neues europäisches Währungssystem die politischen und ökonomischen Fehler seiner Vorläufer vermeiden. Lafontaine räumte ein, dass auch er als Befürworter des Euro lange Zeit geglaubt habe, man könne die Euro-Konstruktion so verändern, dass das europäische Haus stabil werde. Die zurückliegenden Jahre hätten aber gezeigt, dass das ein Irrtum gewesen war.

Die Einführung einer Gemeinschaftswährung bei unterschiedlicher Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Lohnpolitik mit Lohndumping und unterschiedlicher Steuerpolitik mit Steuerdumping habe nicht gut gehen können. "Einige der heutigen Krisenländer in Europa betrieben ein unverschämtes Steuerdumping", konstatiert Lafontaine. Und Deutschland habe zur Zeit der rot-grünen Regierung und der großen Koalition den europäischen Steuersenkungswettlauf sogar noch beschleunigt und ein "verantwortungsloses" Lohndumping betrieben.

"Zusammen mit dem Euro-System entstand ein Teufelskreis, der die Ungleichgewichte immer weiter vergrößerte." Dass das jetzige Euro-System zur Zerstörung des Sozialstaates führe, zeigt sich nach Lafontaines Ansicht nicht nur in Südeuropa. "Die von den etablierten Parteien in Deutschland durchgesetzte Politik der Agenda 2010 demolierte den deutschen Sozialstaat und wurde über das Lohndumping zum Rohrkrepierer für das Eurosystem."

Lafontaine plädiert daher für ein Währungssystem, in dem Auf- und Abwertungen zeitnah den Inflationsdifferenzen folgen müssten. "Vor allen Dingen sollte es demokratisch legitimiert sein. Zur Dominanz einer Zentralbank oder einer Regierung darf es nicht kommen", betonte der Linksparteipolitiker. "Eine demokratisch kontrollierte oder zumindest legitimierte Institution sollte zu den monetären Interventionen verpflichtet sein, die die europäische Wirtschaft stabilisieren und sie vor den chaotischen Finanzmärkten schützen." Die Wiedereinführung von Kapitalverkehrskontrollen helfe dabei und bekämpfe die Kapitalflucht. Lafontaine räumte zugleich ein, dass das Argument, dass der Übergang zu einem anderen europäischen Geldsystem ebenfalls mit sozialen Verwerfungen verbunden sei, "ohne Zweifel" zutreffe. "Aber das Festhalten am jetzigen System führt zu den denkbar größten Schäden", fügte er hinzu. "Ein einigermaßen geregelter und kontrollierter Übergang zu einem stabileren neuen europäischen Geldsystem ist besser als der unausweichliche Bruch, der ein neues System, ob wir wollen oder nicht, erzwingen wird."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.05.2013

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