Leander Haußmann sieht "Stockholm-Syndrom" bei DDR-Bürgern

Der in der DDR aufgewachsene Regisseur Leander Haußmann sieht psychologische Ursachen für die positive Wahrnehmung der DDR durch viele seiner Landsleute: "Die DDR und ihre Bürger - eine besonders perfide Spielart des `Stockholm-Syndroms`", schreibt Haußmann in einem Beitrag für "Bild am Sonntag" (Feiertagsausgabe).

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Die Sensibilität dafür, dass man in Geiselhaft war, ging verloren in einem diffusen Gefühl von Geborgenheit, das dir eine Notgemeinschaft aus Familie, Freunden, Kollegen und Nachbarn gab, die ein paralleles Leben führte, geduldet und im Schatten der offiziellen Staatsdoktrin. Das ist die andere DDR, die oft von uns in der Erinnerung mit der offiziellen vermischt wird", so der Regisseur weiter. "Diese Parallel-DDR entwickelte eine ganz eigene Kultur, der Sprache, des Humors und des Denkens."

Diese "geheime Welt" habe die Bewohner der DDR mit einem "Gefühl der Wärme" erfüllt. Die Erinnerungen daran seien für Außenstehende kaum vermittelbar. "Gibt es deswegen so ein komisches, vielleicht auch schamhaftes Dankbarkeitsgefühl? Vielleicht will man eben nicht Opfer sein, nicht Amboss, sondern Hammer. Vielleicht ein Selbstbetrug. Wie die Geisel, die sich in den Geiselnehmer verliebt - bis zur Identifikation." Haußmann sieht die DDR als Unrechtsstaat: "War die DDR ein Unrechtssystem? Ja. Aber In der Diktaturen-Olympiade hätte es nicht einmal für Bronze gereicht." Das sei aber keine Entschuldigung. "Es wurden in der DDR Existenzen zerstört, Menschen getötet, Kinder zwangsadoptiert, Recht zu Unrecht gebeugt, die Köpfe der Menschen indoktriniert, all das und noch viel mehr."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 03.10.2014

Zur Startseite