Linke: Reformer legen Alternative zu offiziellem Grundsatzprogramm der Partei vor

Nach der Debatte um Äußerungen von Parteichefin Gesine Lötzsch zum Kommunismus steht der Linkspartei neuer Streit bevor.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Vertreter des Reformflügels veröffentlichten am Mittwoch einen Konkurrenztext zum offiziellen Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm, wie die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) berichtet. Dies wird in der Partei als Kampfansage an Ko-Parteichef Klaus Ernst und dessen Vorgänger Oskar Lafontaine verstanden. Der im März 2010 präsentierte bisherige Entwurf trägt erkennbar die Handschrift Lafontaines und setzt hohe Hürden für Regierungsbeteiligungen in Bund und Ländern.

Der Gegenentwurf plädiert für Kompromissbereitschaft. Zur Veröffentlichung des Textes sagte Ernst der SZ: "Das ist legitim." Es sei möglich, dass einzelne Elemente berücksichtigt würden.

Er sei nie dafür eingetreten, den bisherigen Entwurf "eins zu eins" umzusetzen. Verfasser des "Alternativentwurfes" sind die Vize-Vorsitzende Halina Wawzyniak und Schatzmeister Raju Sharma. Sie gehören zum Reformerflügel.

In der Partei wird ihr Gegenentwurf als Kampfansage an Ko-Parteichef Klaus Ernst und dessen Vorgänger Oskar Lafontaine verstanden. Beide hatten Reformern vorgeworfen, nur zu kritisieren und keine Vorschläge zu unterbreiten. "Davon hatten wir die Nase voll", sagte Sharma der SZ. Kritischer als der offizielle Entwurf beurteilt der Alternativtext die DDR. Attestiert werden ihr "staatliche Willkür, eingeschränkte politische Freiheiten, Menschenrechtsverletzungen, Verhinderung von Bildungschancen aufgrund politischer oder religiöser Einstellungen sowie fehlende Rechtsstaatlichkeit".

Der offizielle Entwurf spricht nur von "Erfahrungen staatlicher Willkür und eingeschränkten Freiheiten". Wawzyniak und Sharma haben viele Passagen aus dem Ursprungsentwurf übernommen, in umstrittenen Fragen aber dezidiert andere Positionen formuliert. Das gilt etwa für Regierungsbeteiligungen, für die im Lafontaine-Entwurf besonders hohe Hürden aufgestellt werden. Die Linke werde sich an keiner Regierung beteiligen, "die Privatisierungen vornimmt, Sozial- oder Arbeitsplatzabbau betreibt", heißt es dort. Diese Festlegung war vor allem in ostdeutschen Landesverbänden auf Unmut gestoßen, da sie dort Personalabbau im öffentlichen Dienst nicht kategorisch ausschließen wollen. "Über Regierungsbeteiligungen der Linken muss unter konkreten Bedingungen an konkreten Orten anhand verbindlicher Kriterien durch Parteitagsbeschlüsse entschieden werden", wird nun im Gegenentwurf postuliert. Derzeit sichtet eine Redaktionskommission alle Beiträge zur Programmdiskussion. Sie soll Vorschläge für mögliche Änderungen am Entwurf machen. "Wäre ich an Stelle der Redaktionskommission, würde ich unseren Antrag als Beratungsgrundlage nehmen", sagte Sharma. Ernst äußerte hingegen seine Erwartung, dass der bisherige Entwurf die Grundlage bleibe. Im Juli will der Vorstand eine Fassung beschließen, über den ein Parteitag im Oktober in Erfurt entscheiden soll.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 13.01.2011

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