Missbrauchsbeauftragter fordert zentrale Aufarbeitungsstelle

Der Bundesbeauftragte für Missbrauchsfragen, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert die Einrichtung einer zentralen Aufarbeitungsstelle nach der Bundestagswahl.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Es reicht nicht aus, wenn nur die betroffenen Institutionen ihre Skandale untersuchen", sagte Rörig der "Welt". "Aufarbeitung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie muss auch den familiären Bereich mit in den Blick nehmen. Dazu brauchen wir eine neue unabhängige Kommission, die in der kommenden Legislaturperiode ihre Arbeit aufnehmen sollte." Die Kommission solle Ausmaß und Folgen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen untersuchen sowie auch die verschiedenen Tatorte - wie Familie oder Schule. "Wir brauchen einen Überblick über das ganze Ausmaß und die Bedingungen des Missbrauchs. Dann können wir gezielt bessere Schutzvorkehrungen treffen." Rörig spricht sich auch für eine Verlängerung der strafrechtlichen Verfolgbarkeit sexuellen Missbrauchs aus. "Im Moment liegen die Verjährungsfristen je nach der Schwere der Tat zwischen fünf und 20 Jahren. Ich bin der Meinung, dass die Fristen erst laufen sollten, sobald die oder der Betroffene 30 Jahre alt sind. Im Moment beginnt die Verjährungsfrist ab dem 21. Lebensjahr. Wir haben aber gelernt, dass Betroffene oft Jahre oder Jahrzehnte brauchen, um über das Erlittene sprechen zu können. Für mich ist wichtig, dass für Betroffene, die ihr Schweigen brechen wollen, auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung des Täters besteht." Bei der wissenschaftlichen Untersuchung pädophiler Strömungen bei den Grünen in den 80er-Jahren sollten geschulte Psychologen hinzugezogen werden, so Rörig. "Es ist gut, dass der Bundesvorstand der Grünen sehr schnell entschieden hat, den Parteienforscher Franz Walter mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung zu beauftragen", sagt der Missbrauchsbeauftragte. "Wichtig ist aber, dass nicht nur Parteipapiere geprüft werden, sondern auch Betroffene Gehör finden. Dabei sollten mit dem Thema vertraute Psychologen eingebunden werden."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 20.08.2013

Zur Startseite