NS-Aufarbeitung: Historiker sieht "gewaltige Defizite" im Landwirtschaftsministerium

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz lässt den Bundesdatenschutzbeauftragten eine Liste von 62 ehemaligen Bediensteten mit möglicher Nazi-Vergangenheit prüfen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das berichtet der "Spiegel". Deren Lebensläufe wurden ab 2005 vom Bamberger Historiker Andreas Dornheim im Auftrag der damaligen Ministerin Renate Künast (Grüne) zusammengetragen. Dornheims Studie "zur Rolle des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in der NS-Zeit" hat das inzwischen von Ilse Aigner (CSU) geführte Ministerium aufgrund von Nachfragen am vergangenen Freitag ins Internet gestellt – allerdings ohne die Liste jener Mitarbeiter, von denen im Ministerium fünf wegen ihrer Vergangenheit als "nicht ehrwürdig" eingestuft wurden, darunter ein Staatssekretär.

Historiker Dornheim stellt in seinem Gutachten fest, dass in Landwirtschaft und Agrarpolitik die "personellen Kontinuitäten vom Dritten Reich hin zur Bundesrepublik heute am schlechtesten überhaupt erforscht sind" – nicht nur im Ministerium, sondern auch in Verbänden und Agrarorganisationen. In keinem anderen Sektor sei "ein so gewaltiges Defizit erkennbar". Der in der Bundesrepublik gehegte Eindruck, dass während der Nazi-Zeit die "Landwirtschaft vergleichsweise harmlos" geblieben sei, täusche: "Wer genau hinsieht, wird feststellen, dass viele NS-Agrarpolitiker hohe SS-Führer und überzeugte Vertreter der NS-Rassenideologie waren."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 01.05.2011

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