NSU-Abschlussbericht: Obleute fordern stärkere Kontrolle der Nachrichtendienste

Nach dem Versagen bei der Aufklärung der NSU-Mordserie plädieren alle Fraktionen im Untersuchungsausschuss des Bundestages für eine stärkere Kontrolle der Nachrichtendienste.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Wie aus dem Einzelvotum der SPD-Fraktion hervorgeht, haben sich alle Parteien darauf verständigt, eine bessere Personal- und Sachausstattung zu fordern. Zur genauen Ausgestaltung machen die Parteien allerdings verschiedene Vorschläge. Die Obleute von Union und FDP sprechen sich dabei für die Einsetzung eines Geheimdienst-Beauftragten aus.

Der Obmann der Union, Clemens Binninger (CDU), sagte der "Welt": "Der Beauftragte für die Nachrichtendienste sollte vom Bundestag gewählt werden." Er solle einen Stab mit Mitarbeitern bekommen und das ganze Jahr über tätig sein. "Zu den Kompetenzen müssen Zutrittsrecht zu den Diensten sowie ein Akteneinsichts- und Befragungsrecht gehören", bekräftigte Binninger seine Forderung, die er bereits im vergangenen Jahr geäußert hatte.

"Der Beauftragte sollte aber seine Untersuchungen in erster Linie im Auftrag des Parlamentarischen Kontrollgremiums durchführen." Hartfrid Wolff, Obmann der FDP, sagte der "Welt": "Das Parlamentarische Kontrollgremium braucht einen ständigen Sonderermittler, um regelmäßig, schneller und direkter kontrollieren zu können." Dies müsse eine Konsequenz aus Aufklärungsversuchen rund um den NSU und den US-Nachrichtendienst NSA sein, sagte Wolff, der wie Binninger auch Mitglied im Kontrollgremium ist.

Anders als beim Vorschlag der Union solle der Sonderermittler jedoch kein Parlamentarier sein. "Wir wollen die Kontrolle deutlich verbessern. Eine kleine Änderung hilft nicht", sagte Wolff.

Lückenhafte Informationen oder Falschaussagen im Kontrollgremium müssten zudem dienstrechtliche Konsequenzen haben. Entsprechende Vorschläge habe die FDP bereits gemacht. Auch SPD-Obfrau Eva Högl verlangt eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste. Im Einzelvotum der SPD-Mitglieder im Ausschuss heißt es: Derzeit fehle es "vor allem an einer ausreichenden professionellen Personal- und Sachausstattung" des Kontrollgremiums. Die Einsetzung eines Geheimdienstbeauftragten lehnt die SPD jedoch ab. Dadurch entstehe der Eindruck, "das Kontrollgremium wolle sich ureigenster parlamentarischer Aufgaben entledigen", indem es Teile seiner Kontrollfunktion aus den Händen gebe. "Die Kontrolle sollte unmittelbar beim Deutschen Bundestag und damit im Parlamentarischen Kontrollgremium verbleiben", heißt es im Einzelvotum. Auch der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hält die derzeitige Kontrolle für ungenügend: "Ich glaube, dass ein kleiner Stab qualifizierter Mitarbeiter in enger Zusammenarbeit mit dem Kontrollgremium für eine parlamentarische Aufsicht notwendig ist." Bosbach kritisierte die Sicherheitsbehörden wegen der Pannen rund um die NSU-Mordserie. "Es ist eine Summe atemberaubender Fehler und falscher Einschätzungen, die dazu geführt hat, dass diese Bande über Jahre hinweg unerkannt morden konnte", sagte Bosbach der "Welt". Am morgigen Donnerstag wird der Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses offiziell vorgestellt.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.08.2013

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