Papandreou widerspricht Schäubles Darstellung zu Referendum 2011

Der frühere griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou widerspricht der Darstellung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), unter welchen Umständen das 2011 geplante griechische Referendum zur Reform- und Sparpolitik abgesagt wurde: Im Bundestag hatte Schäuble am Mittwoch erklärt, die Bundesregierung sei am 31. Oktober 2011 von der Ankündigung eines griechischen Referendums überrascht worden.

Athen (dts Nachrichtenagentur) - Der "Welt am Sonntag" sagte Papandreou jedoch: "Schon im September habe ich Merkel von meiner Idee erzählt. Sie verstand und bat mich lediglich, kein Referendum durchzuführen, bevor wir Einigkeit über die Reformen erzielt hatten." Eine Einigung über die Reformschritte wurde im Oktober 2011 in der Eurogruppe erzielt.

Der ehemalige griechische Ministerpräsident klagt über deutschen Druck, nachdem er das Referendum angekündigt hatte. "Schäuble hat alle Gelder gestoppt, obwohl wir noch mitten im vereinbarten Reformprogramm waren. Diesen Druck konnten wir gar nicht gebrauchen."

Papandreou widerspricht Schäuble in einigen Punkten seiner Ausführungen im Bundestag. So stimme Schäubles Aussage nicht, der US-Präsident sei bei der entscheidenden Sitzung im November 2011 im französischen Cannes dabei gewiesen, sagte Papandreou. Tatsächlich kam Barack Obama nachweislich erst einen Tag später nach Cannes, wo damals ein G20-Gipfel stattfand, schreibt die "Welt am Sonntag".

Auch Dokumente des Haushaltsausschusses im Bundestag stützten Schäubles Behauptung nicht, es habe keinen deutschen Druck gegen ein Referendum gegeben. Laut dem Protokoll des vertraulichen Berichts des Finanzministers an das Gremium vom 9. November 2011, aus dem die "Welt am Sonntag" zitiert, habe ein Haushaltspolitiker dem Finanzminister dort nach dessen Auftritt gratuliert: "Der Abgeordnete Barthle (CDU/CSU) bewertet es als klugen Schachzug, die Auszahlung der 6. Tranche an Griechenland an die Frage zu knüpfen, ob ein Referendum stattfindet." Papandreou, der sein Referendum zurückziehen musste und kurz darauf stürzte, sieht Deutschland und andere Euro-Partnerländer als Mitverantwortliche für seinen Sturz: "Meine Autorität wurde von einer Gruppe in meiner Partei untergraben - aber dies konnte nur geschehen, weil ich so wenig europäische Unterstützung hatte."

Das damalige von Merkel, Schäuble und anderen sieht Papandreou als ursächlich für die heutige Krise in Griechenland an: "Wir haben damals die entscheidende historische Gelegenheit verpasst, die Zustimmung der Griechen zu den Reformen zu bekommen. Jetzt bezahlen wir dafür."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 05.07.2015

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