Parteienforscher raten CDU zu Kampagne für die FDP

Mehrere Parteienforscher haben der CDU geraten, die schwächelnde FDP mit einer Zweitstimmenkampagne zu unterstützen, um ihr parlamentarisches Überleben zu sichern.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Seit wir Lagerwahlkämpfe haben, in denen SPD und Grüne auftreten wie ein verlobtes Paar, muss sich auch die CDU der Logik des Lagerwahlkampfes fügen. Das heißt: Sie muss das Zweitstimmenpotential für CDU und FDP insgesamt im Auge haben und die Wähler dazu aufrufen, die FDP auf alle Fälle über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven", sagte Werner Patzelt, Politikwissenschaftler an der TU Dresden, "Handelsblatt-Online". Ob das am Ende für die Fortsetzung der Koalition reiche, stehe in den Sternen.

"Doch ganz sicher ist der CDU die aufgezwungene Oppositionsrolle, sollte die FDP nicht wieder in den Landtag kommen." Zudem werde eine solche Kampagne auch bei der Bundestagswahl nötig sein. "Also wäre es eine Torheit, solche Unterstützung heute dem morgen nötigen Partner zu verweigern", sagte Patzelt.

In Niedersachsen macht aus Sicht des Politikwissenschaftlers Gerd Langguth eine Zweitstimmen-Kampagne der CDU auch deshalb Sinn, "weil das die einzige Chance der Christdemokraten ist, weiterhin den Ministerpräsidenten zu stellen". Die FDP liegt in Umfragen in Niedersachsen derzeit bei vier Prozent. Natürlich könne die CDU nicht offiziell zur Wahl der FDP aufrufen, die Wortwahl des niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister mache aber klar, dass er davon ausgeht, dass die FDP noch in letzter Minute die notwendigen Stimmen erhält.

"Das kann man als indirekte Aufforderung ansehen, der FDP die notwendigen Stimmen zu geben", sagte der Professor an der Universität Bonn "Handelsblatt-Online". "In Niedersachsen wäre die Gefahr für die CDU auch gering, dass es zu einer Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP kommt, wenn die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überspringt", fügte Langguth hinzu. "Insofern wären die so genannten Leihstimmen keine verschenkten Stimmen."

Nach Einschätzung des Potsdamer Politikwissenschaftlers Jürgen Dittberner ist die Wahl in Niedersachsen weder für die SPD noch für die CDU gelaufen. "Will die CDU dran bleiben, geht das am besten mit der FDP", sagte Dittberner "Handelsblatt-Online". Der derzeitige Umfragewert der Liberalen von vier Prozentpunkten könne sich nach unten, aber auch nach oben entwickeln. "Wenn es in Niedersachsen genügend viele Unionsanhänger gibt, die McAllister weiter im Amt sehen wollen, müssen diese mit der zweiten Stimme die FDP wählen", unterstrich der Experte. "Das ist die Chance für die FDP, es in Niedersachsen also noch zu schaffen." Der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer warnte vor Nachteilen eine Stützungsmaßnahme der CDU für die FDP. Eine Zweistimmenkampagne könne zwar möglicherweise das Überleben der FDP im Landtag in Hannover sichern. "Da die zusätzlichen Stimmen für die FDP aber aus dem Wählerpotenzial der CDU kämen, würden CDU und FDP insgesamt nicht profitieren", sagte der Professor an der Freien Universität zu Berlin "Handelsblatt-Online". In den momentanen Umfragen lägen SPD und Grüne vor CDU und FDP. "Selbst wenn die FDP in den Landtag käme, würde es für die Fortsetzung der schwarz-gelben Regierung nicht reichen", ist sich Niedermayer sicher. "Dies gelänge nur, wenn die eine Partei nicht auf Kosten der anderen zulegen würde."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 07.01.2013

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