Piraten streiten über Umgang mit Rechtsextremen und richtige Form der Basisdemokratie

Spitzenkräfte der Piratenpartei ringen weiter um den richtigen Umgang mit rechtsextremen Mitgliedern.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Der umstrittene Berliner Landeschef Hartmut Semken, der kürzlich einen Rücktritt abgelehnt hatte, sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel": "Ich werde nicht verachten lernen, deswegen werde ich selbst auf Nazis nicht mit Verachtung reagieren. Wenn ich damit ungeeignet bin, den Landesverband zu vertreten, dann haben wir tatsächlich ein Problem." Er werde über einen möglichen Rücktritt entscheiden, wenn sich die Aufregung gelegt habe.

Wenn dann noch eine Mehrheit seinen Rücktritt fordere, "dann werde ich genau das tun". Zudem streiten die Piraten angesichts ihrer neuen Größe über die richtige Form der Basisdemokratie. "Wir haben Wachstumsschmerzen. Zu unserem Bundesparteitag Ende April erwarten wir 2800 Leute. Das ist Wahnsinn. Unser Ur-Gedanke, dass jeder mitstimmen darf, funktioniert so nicht mehr", sagte der NRW-Landeschef Michele Marsching dem "Spiegel".

"Wir haben keine Basisdemokratie", findet er. "Die Vorstellung, dass die Basis bei jedem Thema gefragt werden muss, ist Bullshit! Das geht in der Politik nicht." Marsching sprach sich dagegen aus, als Vorstandsmitglied ausschließlich Sprachrohr der Basis zu sein.

"Ich bin dafür gewählt, mein Gesicht in die Kameras zu halten. Ich bin ja hier nicht bloß der Verwaltungsfuzzi", sagte Marsching. Vor dem Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Neumünster droht den Piraten außerdem ein Streit um die Länge der Amtszeit von Bundesvorständen. Der ehemalige Berliner Landeschef Gerhard Anger sprach sich im "Spiegel" gegen die Verlängerung auf zwei Jahre aus. "Gute Vorstände werden nach einem Jahr sicherlich wieder im Amt bestätigt", sagte Anger. Auch der bayerische Landesvorsitzende Stefan Körner sieht den Vorstoß kritisch. "Viele Leute sind zu uns gekommen, weil sie die Nase voll davon hatten, nur alle vier Jahre ein Kreuzchen zu machen", sagte Körner. "Wir sind mit dem Anspruch angetreten, dass Vorstand und Basis zusammenrücken. Im jetzigen Entwicklungsstadium halte ich eine längere Amtszeit für einen Fehler." Bei der Abstimmungssoftware Liquid Feedback war ein Antrag zur Verlängerung der Amtszeiten zuvor mit deutlicher Mehrheit angenommen worden.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.04.2012

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