Piraten-Vorstandsmitglied fordert Kern-Europa ohne Griechenland

Das Mitglied im Bundesvorstand der Piraten-Partei, Matthias Schrade, hat sich im Streit um den richtigen Ausweg aus der Euro-Krise für einen grundlegenden Neuanfang ausgesprochen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Ich glaube, dass wir nicht umhin kommen werden, ein Kern-Europa mit dem Euro als Währung zu bilden mit Ländern wie Deutschland, Österreich, Frankreich, Benelux", sagte Schrade im Interview mit der Onlineausgabe des "Handelsblatts". "Wir brauchen eine Zone, die wirtschaftlich homogen ist und nicht, wie heute, komplett auseinanderdriftet. Dann würden wir eine stabilere Währungsunion bekommen, als die, die wir heute haben."

Das hieße dann, Griechenland müsse den Euro verlassen. Anderen Ländern stehe es dann natürlich offen, beizutreten, sofern sie ihr Wirtschaftssystem reformiert und stabiler gemacht haben Mit Blick auf Griechenland plädierte Schrade für einen Schuldenschnitt. "Wir sind längst über die kritische Grenze hinweg, wenn man die hohe Zinsbelastung Griechenlands berücksichtigt bei einer gleichzeitig schrumpfenden Wirtschaft. Eine Firma mit solchen katastrophalen Kennzahlen wäre längst pleite", sagte der Piraten-Vorstand. "Es macht daher wenig Sinn, noch mehr Geld zu verpulvern oder Schulden staatlicherseits zu erlassen." An den Grundproblemen der griechischen Wirtschaft ändere sich dadurch nichts.

Harsche Kritik äußerte Schrade am Krisenmanagement der EU-Staats- und Regierungschefs. "Mit ihren immer wieder neu aufgelegten Hilfspaketen rettet die Politik nichts, sie verschlimmert die Krise eher noch, weil sie die systemischen Probleme nicht angeht und löst. Wir steuern auf eine Pleite von Gesamt-Europa hin", sagte er.

"Wenn hochverschuldete Länder oder Banken mit immer mehr Geld gestützt werden, dann wird es irgendwann keine Staaten mit AAA-Rating mehr geben", ist sich Schrade sicher. Und die Europäische Zentralbank (EZB) werde dann als Retter auch ausfallen. "Die Zentralbank wäre nach meiner Einschätzung jetzt schon faktisch überschuldet, wenn sie die aufgekauften Risikoanleihen nach kaufmännischer Bilanzierung bewerten würde." Schrade versicherte, dass die Piraten sich für "vernünftige" Euro-Lösungen stark machen wollten. "Gerne sind wir auch bereit, mit Herrn Ackermann ein öffentliches Gespräch darüber zu führen, was Sinn macht und was nicht", sagte er mit Blick auf Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. "Wir beharren ja nicht auf Positionen, wenn sie eine Lösung der Euro-Problematik eher verschärfen als erleichtern."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.10.2011

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