Politologe: Stimmung in der Flüchtlingskrise könnte kippen

Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke wertet die scharfe Kritik der CSU an der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als erstes Signal für einen möglichen Stimmungsumschwung bei dem Thema: "Die Stimmung könnte kippen, wenn es der Politik nicht gelingt, die Flüchtlingskrise rasch zu bewältigen", sagte Funke dem "Handelsblatt".

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die von Merkel angekündigte nationale Kraftanstrengung bei der Bewältigung der Krise müsse umgesetzt werden. Doch daran hapere es derzeit. "Wenn man nicht weiteres Chaos produzieren will, dann muss man jetzt handeln – und zwar unbürokratisch."

Aktuell verfolge das Bundesinnenministerium eine restriktive Politik und vergrößere das Chaos nur noch. Als großes Hemmnis bei der Lösung der Flüchtlingskrise sieht Funke die CSU. Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich und Bayerns Finanzminister Markus Söder und andere hätten mit den Flüchtlingen wenig am Hut.

"Sie setzen lieber auf Restriktion und formulieren es auch so." Die CSU versuche eine "Gegenmachtbildung in der Union" - gegen Merkel und gegen die Politik der Großen Koalition, stellt der Politikprofessor fest. "Das ist ein hochriskantes Manöver der CSU."

Denn Merkel sei nicht unbedingt auf die CSU angewiesen. Fakt sei aber: "Es gibt Haarrisse im Machtgefüge der Union angesichts dieser mächtigen Herausforderung Flüchtlinge", so Funke. "Wenn der Bundesinnenminister das administrative Chaos nicht in den Griff bekommt, dann wird aus den feinen Rissen in der Union eine große Spaltung."

Dann aber werde auch der gesellschaftliche Unmut zunehmen, warnt der Politikwissenschaftler. Angesichts des harten Auftretens der CSU in der Flüchtlingsfrage sieht Funke auch Vorteile für die Alternative für Deutschland (AfD). "Wenn sich das wiederholt und die CSU einfach losholzt und dieses Holzen zu einer Blockadestrategie führt, die auch Wirkung zeigt, dann wird das eine Erfolgsstory der AfD", sagte der Experte.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 14.09.2015

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