Präsident des Bundesverfassungsgerichts äußert sich zu "Stuttgart 21"

In den Streit um das Milliardenprojekt Stuttgart 21, zu dem am Freitag Gegner und Befürworter zu einem ersten gemeinsamen Gespräch mit dem Schlichter Heiner Geißler zusammenkamen, hat sich jetzt auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts eingeschaltet.

Karlsruhe/Stuttgart (dts Nachrichtenagentur) - In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Samstagsausgabe) kritisierte Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle, dass die bisherige Form der Auseinandersetzung "eine bestimmte Sachlichkeit vermissen ließ". Er hoffe, dass diese Sachlichkeit "mit dem Vermittler Heiner Geißler wieder in die Diskussion zurückkehrt". Dass die Kontrahenten am Ende der Schlichtungsbemühungen einen Bürgerentscheid ins Auge fassen, stimmt den Verfassungsrichter allerdings bedenklich.

"Ein nachträglicher Volksentscheid stellt ein ernsthaftes Problem für die Verwirklichung von Infrastrukturprojekten dar. Irgendwann muss hier ein Schlusspunkt gesetzt werden, spätestens dann, wenn die höchsten Gerichte über das Projekt entschieden haben. Ansonsten verlieren wir unsere Zukunftsfähigkeit. Es mag Ausnahmen von diesem Grundsatz geben, diese sollten aber nicht Schule machen", sagte Voßkuhle in dem SZ-Interview, das in der Montagsausgabe der SZ erscheinen wird. Voßkuhle sagte, er sei "sehr gespannt" auf den Fortgang der Schlichtung, da hier Neuland beschritten werde. Er gab aber zu bedenken: "Auch bei einem erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens muss das Ergebnis rechtlich umgesetzt werden und auch rechtlich umsetzbar sein."

Immerhin seien Planfeststellungsverfahren für Großprojekte mittlerweile sehr komplex, "sodass oft nur wenige spezialisierte Anwaltskanzleien in der Lage sind, sie ernsthaft zu begleiten". Nicht zuletzt dadurch entstünden Vermittlungsprobleme in Richtung Bürger.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 15.10.2010

Zur Startseite