Rösler wirft Griechenland fehlende Verlässlichkeit vor

Kurz vor seiner Griechenlandreise an diesem Donnerstag hat Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) schwere Vorwürfe gegen Athen in der Wirtschaftspolitik erhoben.

Berlin/Athen (dts Nachrichtenagentur) - "Man darf von Athen zwar keine Wunder erwarten. Griechenland braucht jedoch grundlegende Veränderungen, mit denen das Investitionsklima verbessert wird", sagte Rösler im Interview mit dem "Handelsblatt". Zentrale Punkte seien mangelnde Rechtssicherheit, zu langsame Genehmigungsverfahren und oft auch fehlende Verlässlichkeit, sagte Rösler.

"Dies hat in den vergangenen Jahren bei deutschen Unternehmen zu Enttäuschungen geführt". Viele deutsche Unternehmen beklagten, dass ihre Rechnungen nicht vom Staat bezahlt würden. "Ich erwarte von der griechischen Seite Fortschritte bei der Lösung dieser Altfälle", forderte der Wirtschaftsminister und FDP-Vorsitzende.

Rösler fliegt heute mit deutschen Unternehmern nach Griechenland. Sie kommen vor allem aus der Solarbranche. Laut Rösler hat die griechische Regierung das Heft des Handelns in der Hand.

"Sie muss entscheiden, wie es weitergeht. Jetzt kommt es darauf an, dass Griechenland entschlossen den Reformprozess umsetzt, etwa durch Privatisierungen und eine Modernisierung des Verwaltungsapparats". Als Vorbilder für Griechenland nannte er Polen und Estland.

"Polen etwa hat nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sehr gute Erfahrungen mit Sonderwirtschaftszonen gemacht. Estland hat einen harten, aber erfolgreichen Transformationsprozess geschafft", sagte Rösler. Rösler bekräftige seinen Vorstoß für eine geordnete Insolvenz hoch verschuldeter Staaten der Eurozone: "Als Wirtschaftsminister fühle ich mich verpflichtet, ehrlich zu sagen, was ökonomisch vernünftig ist", sagte Rösler. Auch wenn dem einen oder anderen das nicht gepasst habe. "Mich hat diese Debatte manchmal an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern erinnert: Da hat einer gesagt, was viele denken. Und diejenigen haben sich nicht getraut auszusprechen, was auch sie für richtig halten", sagte Rösler. Jede Erweiterung des Rettungsschirms EFSF und ESM lehnte Rösler ab: "Das Parlament müsste einer Erweiterung der Rettungsschirme zustimmen. Dafür sehe ich keine Mehrheit im Bundestag", sagte Rösler. Hebeleffekte, beispielsweise über eine Banklizenz für den dauerhaften Krisenmechanismus ESM, würden das vereinbarte Haftungsrisiko Deutschlands von 211 Milliarden Euro überschreiten, so der Wirtschaftsminister.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 06.10.2011

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