Risse im Brennkessel verzögern Inbetriebnahme von Kohlekraftwerken

Das deutsche Stromnetz steht vor einer weiteren Belastungsprobe.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Nach Informationen des "Spiegel" verzögern Risse in den Dampfkesseln mehrerer im Bau befindlicher Kohlekraftwerke deren Inbetriebnahme um Jahre. Um die Effizienz zu steigern, war eine neuartige, bisher nur ungenügend erprobte Stahllegierung namens T24 verwendet worden. Bekannt sind den Ingenieuren Probleme an den Anlagen in Duisburg-Walsum, Hamburg-Moorburg, Boxberg und Wilhelmshaven.

Betroffen könnten aber noch fünf weitere Kohlemeiler sein, und damit insgesamt Kraftwerke mit mehr als zehn Gigawatt Leistung. "Das ist für die betroffenen Energiekonzerne eine echte Katastrophe", sagte Stefan Kohler, Chef der Deutschen Energieagentur in Berlin, dem "Spiegel": "Dieses Malheur trifft Deutschlands Stromversorgung genau zur falschen Zeit." Die neuen Kraftwerke hätten für mehr Stabilität in den Netzen sorgen sollen.

Noch ist unklar, ob nun das Szenario für den Atomausstieg überarbeitet werden muss. "Wir müssen zunächst abwarten, wann die Unternehmen die Kraftwerksprobleme in den Griff bekommen", sagte der Sprecher der Bundesnetzagentur Rudolf Boll dem "Spiegel". Dem Hersteller Hitachi Power Europe drohen nun Kompensationsforderungen, die existenzbedrohend für das Unternehmen sein könnten.

Warum der Spezialstahl T24 undicht ist, konnten die Hitachi-Techniker noch nicht klären: "Wir können momentan einfach noch nicht sagen, warum die Spannungsrisskorrosion erneut aufgetreten ist", sagte Sprecher Helge Schulz. Beim Vattenfall-Kraftwerk im sächsischen Boxberg ersetzt man nach "Spiegel"Informationen bereits den T24-Stahl durch herkömmliche Werkstoffe. Im Fall des Kraftwerkneubaus in Hamburg-Moorburg hat Vattenfall entschieden, den alten Meiler in Wedel noch ein paar Jahre am Netz zu lassen.

Die Folgen des Materialfehlers in den neuen Kohlekraftwerken dürften auch die Verbraucher spüren: "Die zeitliche Verschiebung der zukünftigen Kapazitäten wird sich preistreibend auswirken", erklärt Vattenfall- Sprecher Stefan Müller.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 26.06.2011

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