SPD-Fraktionsvize Reimann kritisiert Sterbehilfe-Verbot

In scharfer Form hat SPD-Fraktionsvize Carola Reimann die Pläne der Union für ein Verbot der organisierten Sterbehilfe kritisiert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Ein solches Verbot "wäre ein verheerendes Signal des Gesetzgebers an die Bürger", sagte Reimann der "Welt". Reimann, die in der SPD-Bundestagsfraktion die derzeitige Meinungsbildung zu dem Thema mit koordiniert, sagte zur Begründung: "Schon heute wagen es viele schwerkranke Menschen nicht, mit ihrem Arzt vertrauensvoll über eine Beendigung ihrer Leiden zu sprechen, während umgekehrt Ärzte fürchten, sie würden sich strafbar machen. Solche Ängste der Bürger vor Gesprächen über Sterbewünsche und solche Verunsicherung der Ärzte würden wir dramatisch verstärken, wenn der Bundestag ein strafrechtliches Verbot beschlösse."

Reimann hält ein strafrechtliches Verbot auch deshalb für falsch, "weil uns alle Juristen sagen, dass dieses Thema nichts im Strafrecht zu suchen hat". Das Strafrecht sei ungeeignet, weil es "hier um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient" gehe und sich "eine Beihilfe zum Suizid nicht in solcher Allgemeinheit als Straftat einordnen" lasse. Denn der Suizid selbst sei auch keine Straftat.

Statt mit den Mitteln des Strafrechts zu arbeiten, müsse der Bundestag "nach anderen Wegen der Regulierung suchen, um die hoch problematische Tätigkeit von Sterbehilfe-Vereinen einzuschränken oder ganz zu unterbinden". Solchen Vereinen etwa in der Schweiz aber würden die Menschen "zugetrieben", falls durch ein Verbotsgesetz "im Arzt-Patienten-Verhältnis jede Lebensverkürzung unter der Drohung des Strafrechts stände". Daher müsse "es rechtssichere Freiräume für jene Ärzte geben, die zum Beispiel durch Sedierung das Leben verkürzen, und es darf auch nicht kategorisch ausgeschlossen werden, dass Ärzte schwerstkranken Menschen Medikamente zu Verfügung stellen, mit denen die Patienten ihrem Leiden ein früheres Ende setzen", sagte Reimann.

Sie fügte hinzu, dass es dafür "der Regulierung und Kontrolle" bedürfe. Die aber sei "nicht vorrangig Sache des Gesetzgebers, sondern der Ärzteschaft". Reimann forderte deshalb "einen Dialog mit der Ärzteschaft über ethische Regeln auf diesem Gebiet".

Reimann weiter: "Es wäre sehr hilfreich, wenn sich die Bundesärztekammer einem solchen Dialog öffnen würde."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 04.08.2014

Zur Startseite