SPD-Politiker halten Wulffs Erklärung für unzureichend

Politiker der SPD haben mit scharfer Kritik auf die jüngsten Erklärungen von Bundespräsident Christian Wulff in einem Fernsehinterview reagiert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Es ist schade, dass Christian Wulff wieder die Chance vertan hat, für Orientierung zu sorgen", sagte der Vorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, "Handelsblatt-Online". "Er wird es sehr schwer haben, die für das Amt des Bundespräsidenten erforderliche Autorität und Integrität wiederzuerlangen." Das sei schlecht für unser Gemeinwesen und parteipolitischen Nutzen werde davon niemand haben.

Eigentlich sei der Bundespräsident für die Grundsatzfragen zuständig und von ihm erwarteten die Bürger Umsicht, Urteilskraft und Orientierung. Doch schon die letzten Wochen hätten gezeigt, "dass unser Staatsoberhaupt in eigener Sache diese Orientierung völlig verloren hat", so Stegner. Der SPD-Innenpolitiker und Mitglied im Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Edathy, zeigte sich überzeugt, dass das TV-Interview des Bundespräsidenten die Debatte über sein Verhalten nicht beenden werde.

"Viele Fragen bleiben leider offen", sagte Edathy "Handelsblatt-Online". So bleibe ungeklärt, ob Wulffs Anruf bei der "Bild"-Zeitung tatsächlich nur die Verschiebung der Veröffentlichung bezweckt habe und nicht ihre Verhinderung. "Wenn es um eine reine Verschiebung ging, warum drohte Wulff dann mit rechtlichen Schritten?", fragte Edathy.

Und wenn die Annahme des Kredits vom Unternehmer-Ehepaar Egon und Edith Geerkens reine Privatsache gewesen sei, aus welchem "Sachgrund" habe Ex-Unternehmer Geerkens dann Wulff als Ministerpräsidenten mehrfach auf Auslands-Dienstreisen begleitet? "Hat der Bundespräsident wirklich mit der Annahme dieses Kredites sowie des zwischenzeitlichen Geldmarktkredites nicht gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen, wonach er keine amtsbezogenen Vergünstigungen annehmen durfte?", will Edathy wissen. "Und hat er diesbezüglich gegenüber dem Landtag die Wahrheit gesagt oder nicht und im letzteren Fall gegen die niedersächsische Verfassung verstoßen?" Diese Fragen und weitere seien nach wie vor "leider" nicht geklärt, kritisierte der SPD-Politiker. "Es wäre zudem souveräner gewesen, Wulff hätte sich ohne Zeitbegrenzung der Bundespressekonferenz gestellt, als lediglich ein 15minütiges Interview im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zuzulassen", sagte Edathy.

Im Übrigen glaube er nicht, dass das Amt des Bundespräsidenten schwieriger als früher geworden sei, fügte er hinzu. "Allerdings waren die Amtsinhaber früher besser."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 05.01.2012

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