SZ: EU-Staaten erwägen Euro-Schutzschirm ohne Limit

In der Euro-Zone gibt es nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" Bestrebungen, den künftigen Schutzschirm ESM mit einer praktisch unbegrenzten Feuerkraft auszustatten.

Brüssel (dts Nachrichtenagentur) - Dazu soll es dem ESM erlaubt werden, ohne jedes Limit Kredite bei der Europäischen Zentralbank (EZB) aufzunehmen. Zu den Befürwortern zählen wichtige Euro-Staaten wie Frankreich und Italien sowie führende Mitglieder des EZB-Rats. Die Bundesregierung und die Bundesbank lehnen die Idee dagegen bisher ab, weil sie die Inflation anheizen, die Unabhängigkeit der EZB gefährden und gegen die EU-Verträge verstoßen könnte.

Die Verträge verbieten es der Notenbank, Staaten zu finanzieren. Nach dem jetzt diskutierten Modell soll der ESM Länder wie Spanien und Italien in Zukunft unterstützen, indem er in großem Stil Anleihen dieser Staaten kauft. Durch die künstlich geschaffene Nachfrage, so die Theorie, sinkt das Zinsniveau, das die Regierungen den Investoren anbieten müssen.

Trotz seines Ausleihvolumens von bis zu 700 Milliarden Euro könnte der Fonds aber eines Tages leer sein. Um das zu verhindern, dürfe der ESM die gekauften Anleihen bei der EZB als Sicherheiten hinterlegen. Im Gegenzug erhielte er frisches Geld, das er erneut zur Unterstützung wankender Euro-Staaten einsetzen könnte.

Damit wäre die permanente öffentliche Diskussion darüber, ob der Schutzschirm mit genügend Geld ausgestattet ist oder aber erweitert werden muss, obsolet. Die Befürworter der Idee hoffen sogar, dass sich allein durch die Vergabe einer solchen "Banklizenz" an den ESM die Lage auf den Finanzmärkten beruhigen würde. "Die Idee gibt es zwar schon länger, aber wir haben niemals konkret darüber geredet", sagte ein hoher EU-Diplomat der SZ. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre, in denen ständig aufs Neue an der Ausstattung der Fonds gezweifelt worden sei, hätten Experten und Politiker jetzt aber beschlossen zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen "der Fonds einen direkten Zugriff auf die Europäische Zentralbank erhalten sollte".

Ein anderer ranghoher Vertreter der Euro-Zone sagte, die Idee gewinne immer mehr Unterstützer. Damit kommen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut schwierige Zeiten zu, denn eine Banklizenz für den ESM wird von CSU und FDP, aber auch von weiten Teilen der CDU, ebenso abgelehnt wie die Ausgabe gemeinsamer Staatsanleihen, sogenannter Euro-Bonds. Sollte sich Merkel über die Bedenken hinwegsetzen, würde die schwarz-gelbe Koalition wohl zerbrechen. Andererseits weiß man im Kanzleramt, dass der Druck der Euro-Partner auf Deutschland, die Krise mit Hilfe einer "umfassenden Lösung" endlich in den Griff zu bekommen, im Herbst nochmals drastisch steigen wird.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 31.07.2012

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