SZ: Ermittler untersuchen Rolle von Ex-V-Mann bei NSU-Morden

Bei der Aufklärung der NSU-Mordserie ist ein früherer V-Mann des Verfassungsschutzes in den Fokus der Ermittler und des Untersuchungsausschusses im Bundestag gerückt.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Samstagausgabe). Der Mann mit dem Decknamen "Primus" habe demnach jahrelang in Zwickau gelebt und kannte mehrere mutmaßliche Unterstützer der rechtsextremen Terrorbande. Zudem mietete er für seine Baufirma Autos zu Zeitpunkten an, die zu zwei Morden des NSU in Nürnberg und München 2001 passen würden.

Der 41-Jährige bestreitet, das Neonazi-Trio gekannt oder für dieses Autos angemietet zu haben. Der Ex-V-Mann, der mittlerweile in der Schweiz lebt, wurde dazu vor Kurzem als Zeuge befragt, hat aber nicht den Status eines Beschuldigten. Als er noch in Sachsen lebte, arbeitete er zeitweise für den Verfassungsschutz und betrieb in Zwickau zudem einen Laden, der bei der rechten Szene beliebt war.

Die NSU-Mitglieder, die aus Jena kamen, lebten zuletzt in Zwickau und zuvor in Chemnitz. Mit führenden Angehörigen der Neonazi-Szene in Sachsen war "Primus" vertraut, unter anderem mit André E., einem der Angeklagten im NSU-Verfahren, sowie mit den Beschuldigten Jan W. und Thomas S. Die SPD-Politikerin Eva Högl, Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss, sagte, die neuen Erkenntnisse ließen den Verdacht aufkommen, dass der V-Mann damals "näher an dem Trio dran war als bislang bekannt". Der Ausschuss müsse deshalb die Beamten des Verfassungsschutzes vernehmen, die damals für "Primus" zuständig waren.

Zu klären sei, inwieweit der Verfassungsschutz "Primus" genutzt habe, um das untergetauchte Neonazi-Trio zu finden. "Sollte dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sein, fragt sich natürlich, warum", sagte Högl. Auch Petra Pau (Linke), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, hält eine Vernehmung der sogenannten V-Mann-Führer für zwingend.

Der Fall zeige, "dass das V-Mann-Wesen von Übel ist". Sollte sich der Verdacht einer Verwicklung von "Primus" erhärten, stelle sich immer schärfer die Frage, warum der NSU jahrzehntelang von den Behörden "unbehelligt" geblieben sei, sagte Pau. Bisher ist allerdings nicht bewiesen, dass "Primus" etwas über den NSU und dessen Verbrechen wusste. Die Ermittler des Bundeskriminalamts interessierten bei der Befragung des Mannes vor allem die Anmietungen bei einem Zwickauer Autoverleih im Jahr 2001. Die Neonazis des NSU waren mit angemieteten Fahrzeugen zu den Tatorten gefahren. Zu den meisten der zehn Morde, die dem NSU zugeschrieben werden, gibt es dazu auch Belege. Für die beiden Morde in Nürnberg und München im Jahre 2001 fehlen sie jedoch. In dieser Zeit betrieb "Primus" eine Bau-Servicefirma in Zwickau, er mietete damals regelmäßig Fahrzeuge an, unter anderem einen Mercedes Sprinter, einen Audi und einen VW-Golf. Seine Firma war unter anderem in München und Nürnberg tätig. Die Frage, ob er oder seine Mitarbeiter dem Neonazi-Trio Fahrzeuge zur Verfügung gestellt hätten verneinte er. "Meines Wissens nicht", fügte der Ex-V-Mann laut Befragungsprotokoll hinzu.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 30.03.2013

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