SZ: Gabriel bessert SPD-Rentenkonzept nach

Die Bundes-SPD sucht zur Bundestagswahl einen engen Schulterschluss mit den Gewerkschaften und ist deshalb zu weiteren Korrekturen an der Rente mit 67 bereit.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Wie die "Süddeutsche Zeitung" (Montagausgabe) berichtet, änderte der Vorsitzende Sigmar Gabriel seinen intern bisher umstrittenen Vorschlag zum Kampf gegen die Altersarmut und will im Fall einer SPD-geführten Regierung zehntausenden Arbeitnehmern eine abschlagsfreie Rente ab dem 65. Lebensjahr erlauben. Wer 45 Versicherungsjahre habe, solle ohne Einbußen mit dem 65. Geburtstag in Rente gehen können, heißt es in Gabriels Beschlussempfehlung für den SPD-Vorstand an diesem Montag. Bislang erhalten Arbeitnehmer nur dann mit 65 Jahren ihre volle Rente, wenn sie 45 Jahre Beiträge gezahlt haben.

Als Versicherungszeiten gelten aber auch Perioden der Arbeitslosigkeit sowie Kindererziehungsjahre. Der Vorschlag ist nach Angaben aus SPD-Führungskreisen mit den Gewerkschaften abgestimmt und soll auch den SPD-Streit um das künftige Rentenniveau entschärfen. Informell hätten Politiker des linken Flügels, aber auch die denkbaren Kanzlerkandidaten, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück hätten Zustimmung signalisiert.

Eine solche Regelung würde nach SPD-Angaben bis zu 200.000 Beschäftigten insbesondere der Industrie und des Handwerks in den nächsten Jahren erlauben, mit 65 Jahren ohne Abschläge in den Ruhestand zu gehen. Akademiker werden davon nicht profitieren, weil sie kaum auf 45 Versicherungsjahre kommen. Die Rente mit 67, die die SPD in der großen Koalition mit der Union durchsetzte, hatte zu einer Eiszeit im Verhältnis mit den Gewerkschaften geführt und viele Anhänger der Partei dauerhaft verärgert.

Die Kosten für Gabriels Idee werden auf rund 5,4 Milliarden Euro geschätzt. Die sollen aus der Rentenkasse bezahlt werden. Gabriel schlägt vor, im Gegenzug auf die bislang vereinbarte zwischenzeitliche Senkung der Beiträge auf 19 Prozent zu verzichten und sie statt dessen stetig auf den für 2030 angepeilten Satz von 22 Prozent steigen zu lassen.

Gabriel macht sich zudem den Vorschlag des IG-Metall-Bezirksleiters und SPD-Vorständlers Armin Schild zu eigen, die Arbeitgeber künftig stärker zur Finanzierung besserer Erwerbsminderungsrenten heranzuziehen. Firmen, die kaum älteres Personal beschäftigen und keine altersgerechten Arbeitsplätze anbieten, sollen höhere Rentenbeiträge zahlen. Zugleich hält Gabriel selbst an der parteiintern umstrittenen Rentenreformen der vergangenen Jahre im fest. Danach soll der Beiträge bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen, das Niveau der gesetzlichen Rente von derzeit 50 Prozent des Nettolohnes aber schrittweise auf 43 Prozent absinken. Weil maßgebliche Teil der SPD aber ein Rentenniveau von 50 Prozent fordern, soll nicht der Vorstand am Montag, sondern ein kleiner Parteitag im November diese Frage entscheiden. Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner, der den Linksflügel der Partei koordiniert, zeigte sich angetan von Gabriels jüngsten Vorschlag. Stegner bezweifelte aber, ob damit allein der heftige Rentenzwist beigelegt werden kann. "Es braucht eine gute Mischung von Vorschlägen", sagte er.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.09.2012

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