SZ: Versäumnisse im Bundeszentralamt für Steuern bei Prüfung von Cum-Ex-Geschäften

Bei der Prüfung von dubiosen Aktiendeals zu Lasten des Fiskus ist es im Bundeszentralamt für Steuern in Bonn nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) zu großen Versäumnissen gekommen, die den Staat viel Geld kosten können: Wegen Personalmangel konnten dem Bericht zufolge zahlreiche Börsengeschäfte, bei denen Banken und Fonds nach Erkenntnissen von Staatsanwälten Steuererstattungen erschlichen haben, bislang nur unzureichend oder gar nicht geprüft werden.

Bonn (dts Nachrichtenagentur) - Es gehe dabei um den Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende. Etliche Banken und Kapitalanlagefonds ließen sich nur einmal gezahlte Steuern von den Finanzbehörden mehrmals erstatten. Eine von der Bundesregierung erst 2012 geschlossene Gesetzeslücke beim Börsenhandel hatte das möglich gemacht.

Der Schaden für den Staat soll mehr als zehn Milliarden Euro betragen. Profitiert davon haben auch Millionäre, die Geld in diese Fonds investiert hatten. Das dem Bundesfinanzministerium unterstellte Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat erst jetzt das Personal für die Prüfung solcher Erstattungsanträge deutlich aufgestockt, schreibt die SZ. Da die Cum-Ex-Geschäfts auf Kosten des Fiskus bereits ab 2005 in großem Stil begonnen hatten, dürften etliche Fälle steuerrechtlich verjährt sein.

Der Staat kann nur fünf Jahre lang Geld zurückfordern. Es sei denn, es läge Steuerhinterziehung vor. Bis zu einer grundsätzlichen Gerichtsentscheidung über die Cum-Ex-Deals können aber noch Jahre vergehen, berichtet die Zeitung weiter.

Mangels Personal habe das BZSt außerdem bislang nur Fälle ab 750.000 Euro Erstattungsvolumen untersucht. Das Finanzministerium äußerte sich auf Anfrage der SZ weder zu dieser Bagatellgrenze noch zur drohenden Verjährung. Der Bundestag will mit dem auf Antrag von Grünen und Linken eingesetzten Cum-Ex-Untersuchungsausschuss aufklären, wer für diese Versäumnisse verantwortlich ist.

Der Abgeordnete Gerhard Schick (Grüne) sagte der SZ, man wolle herausfinden, wer für die Bagatellgrenze von 750.000 Euro verantwortlich sei. Und warum das Bonner Amt erst jetzt deutlich mehr Personal einsetze, das diese Aktiendeals nachträglich prüfe und dem Staat entwendete Milliardenbeträge zurückfordern soll, sofern das wegen der Verjährung überhaupt noch geht. Es sei für ihn unverständlich, sagte Schick, dass man im Finanzministerium in Berlin und im Bonner Amt so viel Zeit haben verstreichen lassen. Der Untersuchungsausschuss hat bereits beschlossen, alle einschlägigen Akten aus dem BZSt in Bonn und dem Finanzministerium in Berlin anzufordern. Das Bundeszentralamt sei offenbar ein "Teil des Problems", sagte Schick. Bis April beziehungsweise Mai müssen die Unterlagen dem Parlament vorgelegt werden.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.03.2016

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