Scharia-Vergleich: Kirchenvertreter suchen Gespräch mit de Maizière

Nach der Äußerung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zum Kirchenasyl, das er als konkurrierendes Recht einer Religion nach Art der Scharia verurteilt hatte, ist die katholische Kirche um Glättung der Wogen bemüht.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Wir möchten zum Zustand zurückkehren, den wir hatten", sagte der Vize-Vorsitzende der bischöflichen Migrationskommission, Dieter Geerlings (Münster), dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstagausgabe). De Maizière habe mit seinem "unangemessenen und äußerst unglücklichen Vergleich unnötig Öl ins Feuer gegossen". Das Kirchenasyl wolle Flüchtlingen in Art einer Notfall-Intervention die rechtliche Überprüfung ihrer Abschiebung ermöglichen.

Er verstehe, dass de Maizière als "Verfassungsminister" auf Rechtstreue poche. "Das stellen die Gemeinden vor Ort aber auch nicht in Frage. Kirchenasyl beansprucht keinen rechtsfreien Raum."

Der Dresdner Bischof Heiner Koch verwies auf Gespräche mit dem Innenministerium und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Ein Sprecher de Maizières bestätigte laufende Dialoge, derzeit allerdings nicht auf Ministerebene. Der Kölner Weihbischof Ansgar Puff sagte der Zeitung, de Maizière sei klug genug, um zu wissen, dass "sein Vergleich hinkt".

Wenn Christen als "letzte Maßnahme Gefahren für das Leben abzuwenden" suchten, beriefen sie sich nicht auf ein eigenes - gar göttliches - Recht, sondern auf ihr Gewissen. Solches Handeln gelte gemeinhin als vorbildlich. Der Ehrenvorsitzende der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche", Wolf-Dieter Just, nannte de Maizières Vorwurf einer christlichen Scharia "völlig daneben".

Kirchenasyl konkurriere nicht mit weltlichem Recht, sondern verschaffe ihm Geltung. "Wo der staatliche Schutz der Menschenrechte versagt, müssen einzelne Bürger eintreten", sagte Just dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Vier von fünf Flüchtlingen im Kirchenasyl bekämen später von Gerichten einen Schutz vor Abschiebung zuerkannt. Mit christlicher Barmherzigkeit oder Gnade habe das nichts zu tun, sondern "mit der sorgfältigen Anwendung des Rechts", so Just.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 12.02.2015

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