Schavan: "Ich habe in meinem Leben niemanden getäuscht"

Die deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, ist davon überzeugt, dass der Verlust ihrer Doktorwürde kein Nachteil für ihre neue Aufgabe ist: "Ich habe in meinem Leben niemanden getäuscht. Deswegen wirkt sich das auch nicht auf meine Arbeit aus", sagte die als Bundesbildungsministerin zurückgetretene CDU-Politikerin der "Welt am Sonntag". Sie bekräftigte ihre Auffassung, dass es mit einem "irren Menschenbild" verbunden sei, bei ihrer vor mehr als 30 Jahren erstellten theologischen Arbeit über "Person und Gewissen" eine systematische und vorsätzliche Täuschung zu erkennen. Schavan ließ erkennen, dass sie auf Rehabilitation durch die Wissenschaft hofft.

Sie habe "mehrere Stellungnahmen von Wissenschaftlern vorgelegt, die zu einer gänzlich anderen Bewertung kommen" als die Universität Düsseldorf, sagte die Diplomatin. Sie sei "gewiss, dass die Wissenschaft sich Themen wie der Vergleichbarkeit von Verfahren, dem Verständnis von Plagiaten oder der Rolle von Fachkulturen" beschäftigen werde. Sie habe für sich entschieden, "das Thema abzugeben, um wieder frei zu werden für die eigene geistige Arbeit".

Schavan kündigte ein Treffen mit dem emeritierten Papst Benedikt an. "Eine Begegnung mit Papst emeritus Benedikt ist für den November geplant. Darauf freue ich mich", sagte sie.

In ihrem ersten Gespräch mit Papst Franziskus bei ihrer Akkreditierung sei es "um die Zukunftschancen der jungen Generation in Europa, die Verantwortung Europas für die Bedrängten und Ausgestoßenen und am Ende auch um den Religionsphilosophen Guardini" gegangen, berichtete Schavan. "Ich habe ein bisschen Italienisch und viel Deutsch gesprochen, er ein bisschen Deutsch und viel Italienisch. Und wenn es mal stockte, hat ein freundlicher Monsignore übersetzt."

Schavan beschrieb Franziskus als entschiedenen, politischen Mann. "Er ist nach meinen Erfahrungen in den ersten Wochen nicht der Papst, der alles anders macht", sagte sie. "Er ist aber der Papst, der ernst macht mit einer besonderen Aufmerksamkeit für die Armen." Ihre neue Lebensphase sei so interessant, dass sie "nicht jeden Morgen an Berlin denke", erzählte Schavan. "Ich lese immer noch Pressespiegel, weiß aber: Darauf muss ich jetzt nicht reagieren. Das empfinde ich auch als neue Lebensqualität." Der vielleicht größte Unterschied zwischen 18 Ministerjahren und dieser neuen Phase sei ein anderer Umgang mit der Zeit. "Es ist nicht jede Stunde ein anderer Termin. Es gibt mehr Raum, über etwas nachzudenken", sagte sie. "Ich trauere dieser ungewöhnlichen Inanspruchnahme als Ministerin nicht nach."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 12.10.2014

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