Seehofer rechtfertigt öffentliche Röttgen-Schelte

CSU-Chef Horst Seehofer hat die öffentliche Schelte für Norbert Röttgen gerechtfertigt und Mitverantwortung für dessen Entlassung zurückgewiesen.

München (dts Nachrichtenagentur) - "Wenn wir nächstes Jahr Erfolg haben wollen, dürfen sich so Sachen wie NRW nicht wiederholen", sagte Bayerns Ministerpräsident im Interview des Nachrichtenmagazins "Focus". Das Handeln von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeige, dass sie die Ansicht teile und zu Konsequenzen bereit sei. Ein Ergebnis wie das bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gefährde die "realistische Chance" auf einen Erfolg der bürgerlichen Koalition bei der Bundestagswahl 2013. Ihm sei der "Geduldsfaden gerissen", weil man nach einer solchen Niederlage nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und so tun könne, als habe sie keine Auswirkungen auf die Bundesebene, sagte Seehofer.

"Einfach alles mit weißer Salbe übertünchen, das geht nicht!" Gegenüber dem entlassenen Umweltminister habe er kein schlechtes Gewissen, so Seehofer. Röttgen trage "die Folgen seiner Wahlniederlage". Die Kanzlerin habe die Causa Röttgen "ganz souverän und eigenständig entschieden".

Auf Bundesebene sieht der CSU-Chef "einigen Verbesserungsbedarf". Die Diskussion um das Betreuungsgeld sei die überflüssigste gewesen, die die Union jemals geführt habe. "Wenn wir diese Dinge aber abstellen, bin ich absolut sicher, dass diese Bundesregierung vom Wähler eine Vertragsverlängerung erhalten kann", so Seehofer zu "Focus".

Die Boykottdrohungen und Ankündigungen, nicht mehr an Koalitionsrunden teilzunehmen, seien notwendig gewesen: Er habe erreichen wollen, dass Dinge entschieden werden. "Und das sieht jetzt auch ganz danach aus." Als wichtigstes Projekt der Bundesregierung bezeichnete Seehofer neben der Energiepolitik die Lösung der Euro-Krise.

Wenn die politischen Verhältnisse in Griechenland es erforderten, "dann muss man auch den Mut aufbringen, einen Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone zu erwägen". Das wäre weder das Ende des Euros noch Europas. Beim nächsten Koalitionsausschuss will der CSU-Chef auch die Pkw-Maut wieder auf die Tagesordnung setzen. Im Straßenbau gehe viel zu wenig voran, der Investitionsbedarf sei enorm. An der Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen will er festhalten. Das sei kein Widerspruch zur Haushaltskonsolidierung, sagte Seehofer "Focus". In Bayern gelängen seit Jahren Wachstum und Schuldentilgung. Er frage sich, "warum es verboten sein soll, dieses Prinzip auf Deutschland zu übertragen". Dass Bayern dies vormache, gebe ihm das Recht, "im Bund ein gehöriges Stück mitzureden, wenn es um die richtige Richtung geht". Er wolle 2013 gemeinsam mit der FDP in München und Berlin erfolgreich sein, sagte Seehofer. Wenn etwas eintrete, das dieses Ziel ernsthaft in Frage stelle, "dann wird man künftig einen noch energischeren Horst Seehofer erleben als bisher".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 20.05.2012

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