Spähaffäre: Experten halten IT-Initiative der Bundesregierung für Verschwendung

Die Pläne der Bundesregierung zur Stärkung der europäischen IT-Wirtschaft stoßen in der Industrie auf Kritik.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes Bitkom, sagte der "Welt": "Mit dem Versuch, einen IT-Airbus zu bauen, würden wir nur Zeit und Ressourcen verschwenden." Stattdessen brauche man eine durchdachte und in sich konsistente IT-Strategie in Deutschland und in der EU, die neue Technologien fördere und junge Unternehmen unterstütze. "Es geht nicht um staatlichen Interventionismus, sondern um Maßnahmen auf allen politischen Ebenen", sagte Rohleder.

Als Konsequenz der NSA-Ausspähaffäre will die Regierung andere EU-Länder für eine Initiative gewinnen, um Europa in der digitalen Wirtschaft konkurrenzfähig zu machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte eine stärkere Position Europas auch bei der Datensicherheit angemahnt. Als Vorbild könne das gemeinsame Airbus-Projekt gelten.

Sandro Gaycken, IT-Experte von der Freien Universität Berlin erklärte gegenüber der "Welt": "Die nun schnell angekündigten Pläne halte ich für Aktionismus." Über den von der Regierung angedachten Aufbau einer eigenen Netzinfrastruktur-Industrie diskutiere die Computer-Community bereits lange. "Solche Vorhaben, die unter anderem von der Bundesregierung mit angestoßen wurden, sind immer im halb fertigen Zustand gestorben."

Allerdings unterstützt Gaycken die Vision der Regierung. "Wenn wir eigene Router bauen, wäre das nicht nur für die Sicherheit gut", findet Gaycken. "Wir können die Privatsphäre verbessern, die Sicherheit erhöhen und damit vielleicht zum neuen Silicon Valley werden."

Klaus Landefeld, Vorstand Infrastruktur beim Verband der deutschen Internetwirtschaft ECO, tut die Forderung nach einer eigenen Netzinfrastruktur als "plakativ" ab: "Es klingt gut, wenn man als Politiker im Wahlkampf so etwas fordert. Fakt ist jedoch: Schon heute gehört die Netzinfrastruktur in Europa vor allem europäischen Firmen", sagte Landefeld. "Wenn die nur untereinander Daten austauschen müssten, bräuchte man keine US-Spione fürchten - dafür aber die der Briten und Franzosen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 20.08.2013

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