Stadtwerke nutzen Atomausstieg für gewaltige Investitionsoffensive

Die Stadtwerke wollen im Falle eines schnellen Atomausstiegs in den kommenden Jahren zusätzlich Milliarden investieren und damit die Vormachtstellung der vier Stromriesen angreifen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Stephan Weil, sagte der "Frankfurter Rundschau" (Montag-Ausgabe): "Wird die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke zurückgenommen, dann investieren die Stadtwerke bis 2020 zusätzlich sechs Milliarden Euro." Der Marktanteil der Stadtwerke an der Stromerzeugung werde sich so von zuletzt 9,2 Prozent verdoppeln. Weil kündigte an: "Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Vermutlich kommen noch neue Projekte hinzu und wir marschieren Richtung 20 Prozent Marktanteil." Derzeit beherrschen die vier großen Erzeuger Eon, RWE, Vattenfall und EnBW mehr als 80 Prozent der deutschen Stromerzeugung, den Rest teilen sich Stadtwerke in kommunaler Hand und kleinere Privatunternehmen. Die Kapazität der von Stadtwerken betriebenen Kraftwerke soll durch die Investitionsoffensive massiv ansteigen.

"Statt derzeit 13.000 Megawatt werden unsere Kraftwerke in zehn Jahren mindestens 22.000 Megawatt leisten", kündigte Weil an. Das entspricht der derzeitigen Kapazität aller 17 deutschen Atommeiler. Die Hälfte dieses Ausbaus, so Weil weiter, bestehe aus Projekten, die auch im Falle einer Laufzeitverlängerung fertiggestellt würden.

Die andere Hälfte an Investitionen, die sechs Milliarden Euro ausmachten, würden nur investiert, wenn die Regierung ernst mache mit dem Atomausstieg. "Andernfalls bleibt das alles in der Schublade, weil die Kernkraftwerke den Bedarf abdecken." Ob der Ausstieg um das Jahr 2020 herum stattfinde oder früher, sei nicht so wichtig.

"Hauptsache, wir können davon ausgehen, dass in gut zehn Jahren alle Kernkraftwerke vom Netz sind." Die kommunalen Versorger setzen dabei stark auf umweltschonende Techniken. "2.000 Megawatt kommen aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne. Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass bei weiteren Investitionen besonders häufig Öko-Strom-Kraftwerke zum Zuge kommen", sagte Weil. Weitere 3.700 Megawatt Kapazität seien Gaskraftwerke, 3.500 Megawatt entstünden durch den Bau von Kohlekraftwerken. "Viele dieser Anlagen arbeiten mit Kraft-Wärme-Kopplung. Damit wird Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt, was besonders effizient und damit klimaschonend ist", so Weil. Eine Stromlücke durch das Ausschalten alter Kernkraftwerke hält Weil angesichts der Investitionen der Stadtwerke für ausgeschlossen. "Wir füllen die entstehende Lücke mit unserem großen Investitionsprogramm und können so dafür sorgen, dass es in Deutschland keine Engpässe bei der Stromerzeugung geben wird."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 08.05.2011

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