Stoiber: Währungsfrage könnte zur Spaltung Europas beitragen

Der frühere CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber warnt angesichts der gegenwärtigen Euro-Krise vor der Gefahr, dass die Währungsfrage zur Spaltung Europas beiträgt.

Brüssel (dts Nachrichtenagentur) - "Bei mir gab es erhebliche Vorbehalte gegen die Aufnahme der südeuropäischen Länder in die Währungsunion. Ich habe nicht nur gegen die Aufnahme Griechenlands gestimmt. Auch 2004, als die ersten Anzeichen kamen, dass dort getrickst wird, habe ich sofort gefordert, bestimmte Zuwendungen in der Landwirtschaft oder bei der Strukturförderung zu kürzen. Das wäre damals das richtige Signal gewesen", sagte Stoiber der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstagausgabe). Leider sei damals keine große Debatte zustande gekommen. "Das politische Establishment hat mir vielmehr vorgehalten, ich sähe die Sache eindimensional, von meiner regionalen Warte aus. Und würde die Größe der Herausforderung nicht begreifen", so Stoiber. Ausdrücklich fordert er eine Schuldenbremse für Europa. "Ich wollte schon immer automatische Sanktionen bei Verstößen gegen die Schuldenkriterien. Das hat Deutschland leider nicht durchgesetzt. Und es ist der historische Fehler von Rot-Grün und Kanzler Gerhard Schröder, dass die Regeln sogar noch aufgeweicht wurden, als Deutschland die Schuldenkriterien selbst nicht einhielt", erinnert Stoiber. Wenn solche Fehler passieren, brauche man sich nicht zu wundern, "wenn die Mentalität des Schuldenmachens in Südeuropa weit verbreitet ist. Diese Mentalität muss sich fundamental ändern." Von der derzeit diskutierten Einführung von Euro-Bonds hält der CSU-Politiker nichts. "Euro-Bonds passen nicht zu den vertraglichen Grundlagen des Euro. Hier teile ich uneingeschränkt die Auffassung von Finanzminister Wolfgang Schäuble." Stattdessen müsste sich die EU modernisieren. "Wir haben zwei große Probleme in Europa. Es hinkt dem Weltwirtschaftswachstum weit hinterher, wir erreichen nicht einmal die Hälfte der globalen Quote. Und die Europäer werden älter und gleichzeitig weniger. Die 27 Staaten der EU werden 2040 rund 50 Millionen weniger Einwohner haben." Europa müsse wettbewerbsfähiger werden. Stoiber: "Das müssen alle kapieren. Es geht nicht, dass die anderen glauben, sie kommen ohne Modernisierung davon, und die Deutschen bezahlen die Zeche." Weil Deutschland das Geld gebe, müsse es Bedingungen stellen: "Die Löhne in diesen Ländern werden nicht steigen können, die Steuern werden erhöht werden müssen." Stoiber gibt schließlich vor allem der Politik eine Schuld an der Lage. Das Gebot heiße. Nicht mehr Schulden zu machen als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und nicht mehr Schulden zu haben als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Weil die Politiker die Kriterien nicht eingehalten haben, zwingen uns jetzt die Märkte, sie einzuhalten. Ein Rettungsschirm macht nur dann Sinn, wenn den Schuldenländern wie Griechenland unter Relativierung ihrer Souveränität auch vorgeschrieben werden kann, was geschehen muss." Stoiber ist seit vier Jahren in Brüssel ehrenamtlicher Leiter einer EU-Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 16.08.2011

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