Strafrechtsprofessor: "Diplomatisches Asyl für Assange ist völkerrechtswidrig"

Mit der Gewährung diplomatischen Asyls für Julian Assange in der Londoner Botschaft verstößt Ecuador gegen das Völkerrecht.

Göttingen (dts Nachrichtenagentur) - Zu diesem Ergebnis kommt der Göttinger Strafrechtsprofessor und Richter Kai Ambos in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Ambos lenkt den Blick weg von der "gekonnten medialen Selbstinszenierung Assanges als Kämpfer für weltweite Meinungsfreiheit" und betont, dass es bei seiner möglichen Auslieferung an Schweden "nicht um WikiLeaks, sondern um die Vollstreckung eines Haftbefehls" gehe. Ambos argumentiert, dass die Gründe, die die ecuadorianische Regierung für das Asyl Assanges anführt, nicht nur dem europäischen Auslieferungsrecht, sondern auch dem Völkerrecht widersprechen.

Unter Verweis auf ein zwischen der EU und den Vereinigten Staaten im Jahr 2003 geschlossenes Auslieferungsabkommen legt Ambos dar, dass Schweden, wo Assange wegen Sexualdelikten der Prozess gemacht werden soll, keinesfalls verpflichtet wäre, Assange nach einer Überstellung durch die britischen Behörden weiter an die Vereinigten Staaten auszuliefern. Denn zum einen könne die Auslieferung verweigert werden, wenn dem Verdächtigen Todesstrafe oder eine grausame Behandlung drohe. Sollten die Vereinigten Staaten Assange wegen Delikten wie Hochverrat anklagen wollen, so wäre Schweden auch deshalb berechtigt, ihn nicht auszuliefern.

Es griffe "das Auslieferungshindernis des politischen Delikts" ein. Nach Ansicht Ambos` verkennt die ecuadorianische Regierung außerdem, dass es im Völkerrecht kein "diplomatisches Asyl" gibt, wie es Assange gegenwärtig in der Botschaft des Landes in London gewährt wird: "Die Gewährung politischen Asyls stellt eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Territorialstaates dar. Denn der Asyl gewährende Entsendestaat entzieht den Flüchtigen der nationalen Justiz."

Deshalb sei auch Ecuadors Forderung nach sicherem Geleit für Assange haltlos, "vielmehr könnten die britischen Behörden Assange sofort nach Verlassen der Mission festnehmen". Ambos kommt zu folgendem Schluss: "Großbritannien sollte erwägen, die Angelegenheit dem Internationalen Gerichtshof vorzulegen. Sollte Ecuador versuchen, dessen Befassung zu verhindern, würde es sich in Widerspruch zu seiner selbst propagierten Völkerrechtsfreundlichkeit setzen".

Denn der Internationale Gerichtshof habe schon 1950 entschieden, dass die Gewährung von Asyl nicht der Rechtspflege zuwiderlaufen dürfe.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.08.2012

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