Strafvollzugsbeamte: Flüchtlingskrise lässt Haftplätze knapp werden

In Deutschland werden wegen der Flüchtlingskrise die Plätze in der Untersuchungshaft knapp: "Die Flüchtlingswelle bleibt für die deutschen Gefängnisse nicht folgenlos. Die Untersuchungshaft-Zahlen steigen signifikant an - und zwar konkret von Ausländern", sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), Anton Bachl, im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). Dieser Trend zeichne sich seit Monaten in Berichten aus den Bundesländern deutlich ab. Genaue Zahlen hätten die Behörden aber noch nicht veröffentlicht.

"Teilweise könnte man den Eindruck gewinnen, dass mit der Veröffentlichung der Zahlen zurückhaltend umgegangen wird, weil sie nicht in die politische Landschaft passen", sagte Bachl. Erste Evaluationen seien erst in Monaten zu erwarten. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten vertritt 38.000 Bedienstete im Justizvollzug.

Der derzeitige Ausländeranteil in den deutschen Gefängnissen liegt nach Angaben des BSBD bei insgesamt rund 30 Prozent. In der Untersuchungshaft sei der Ausländeranteil erheblich höher - obwohl Ausländer bundesweit nur etwa neun Prozent der Bevölkerung ausmachten. Ausländer seien drei Mal so häufig straffällig wie Deutsche.

Der Gewerkschafts-Vorsitzende rechnete vor: "Da im vergangenen Jahr mehr als eine Million Flüchtlinge gekommen sind, stehen voraussichtlich in 30.000 Fällen Strafverfahren an." Dies werde zu rund 2.000 Verurteilungen zu Haftstrafen ohne Bewährung führen. Bachl forderte: "Für diese Fälle müssen die Bundesländer zusätzliche Haftkapazitäten vorhalten."

Besonders überlastet sind derzeit die Gefängnisse in Nordrhein-Westfalen. Der BSBD-Landesvorsitzende Peter Brock sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Seit den sexuellen Übergriffen von Ausländern auf Frauen in der Kölner Silvesternacht macht die Polizei mehr Razzien. Die Richter gehen härter gegen Straftäter vor und verhängen öfter Untersuchungshaft, weil der Druck der Öffentlichkeit gewachsen ist." Ausländische Straftäter kämen dabei häufiger in U-Haft, weil sie keinen festen Wohnsitz hätten und die Fluchtgefahr besonders hoch sei. Nach Angaben der Gewerkschaft beträgt in den Untersuchungshaftanstalten in Dortmund, Duisburg-Hamborn, Willich II und Essen die Belegungsquote 110 Prozent. In der größten Justizvollzugsanstalt des Landes für Jugendliche im ostwestfälischen Herford soll die Hälfte der Plätze in der U-Haft mit Flüchtlingen belegt sein. Brock sagte: "Es fehlen Beamte, wir schieben 440.000 Überstunden vor uns her."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 16.03.2016

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