Studie: Jährlich suchen mehr als 15.000 Frauen Hilfe in Frauenhäusern

Rund 15.000 bis 17.000 Frauen finden jährlich Schutz in Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Rechnet man ihre Kinder hinzu, so sind es etwa 30.000 bis 34.000 Personen pro Jahr, die der meist durch den Lebenspartner ausgeübten Gewalt auf diese Weise entfliehen. Wie die Tageszeitung "Die Welt" berichtet, gehen diese Zahlen zur Situation der Frauenhäuser und anderer Unterstützungsangebote für von Gewalt betroffene Frauen hervor, den Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) am Mittwoch im Kabinett einbringen wird. Einen Anhaltspunkt für eine strukturelle Unterversorgung sieht die Frauenministerin nicht.

"In Deutschland gibt es ein ausdifferenziertes Netz an Unterstützungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder", sagte Schröder der "Welt". Sie räumte aber ein, dass "nicht alle Betroffenen" die Unterstützung finden, die sie brauchen. Bund, Länder und Kommunen müssten gemeinsam mit Fachorganisationen Versorgungslücken schließen.

Es ist laut Familienministerium die erste umfassende Bestandsaufnahme zur Situation der Frauenhäuser und der Fachberatungsstellen für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder. Für sie gibt es in Deutschland 353 Frauenhäuser und circa 41 Schutzwohnungen mit über 6000 Plätzen. Hilfe finden sie auch bei rund 750 Fachberatungsstellen.

Zum Jahresende wird außerdem ein bundesweites Hilfstelefon eingerichtet. Das größte Angebot für Frauen mit Gewalterfahrung gibt es in den Ballungszentren und Stadtstaaten. In ländlichen Gebieten existieren hingegen deutlich weniger Einrichtungen.

Sucht eine Frau dort Schutz, muss sie oft weite Wege in Kauf nehmen, mitunter auch ihren Arbeitsplatz und ihr gewohntes Umfeld völlig aufgeben. In der Studie wird daher empfohlen, auf dem Land stärker auf mobile Beratungsangebote zu setzen. Die größte Chance auf Zuflucht haben Frauen statistisch gesehen in Bremen. Hier gibt es pro 10.000 Einwohnerinnen 3,63 Frauenhausplätze. Das geringste Angebot hat Bayern mit umgerechnet nur 0,53 Plätzen. Für das Gutachten mit dem sperrigen Titel "Bestandsaufnahme zur Situation der Frauenhäuser, der Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für betroffene Frauen und deren Kinder" wurden ältere Untersuchungen neu ausgewertet und eine repräsentative Befragung durchgeführt. Etwa fünf Prozent aller Frauen haben mindestens einmal wegen erfahrener Gewalt Beratung gesucht. Der Anteil der Migrantinnen ist besonders hoch. 2010 hatten 50 Prozent von ihnen einen Migrationshintergrund. Allerdings nehmen nicht alle die Hilf in Anspruch: Rund neun Prozent der befragten Frauen gaben allerdings an, Gewalt erlebt, aber keine Hilfe gesucht zu haben. Vor allem bei Frauen, die eine niedrige Bildung besaßen, war die Hemmschwelle groß, eine Beratung aufzusuchen. Die Betroffenen sagten, sie hätten ihre Erfahrung nicht öffentlich machen wollen. Die 30- bis 39-Jährigen suchten am seltensten Hilfe. Im Jahr 2011 konnten in rund 9000 Fällen schutzsuchende Frauen nicht aufgenommen werden konnten - weil die Frauenhäuser überfüllt oder nicht geeignet waren. Die meisten von ihnen wurden allerdings an andere Einrichtungen verwiesen. Ein Problem ist dem Gutachten zufolge die Betreuung der Kinder, die mit ihren Müttern in die Frauenhäuser kommen. In vielen Frauenhäusern gebe es nur ein "rudimentäres" Angebot für sie. Die meisten Frauenhäuser nehmen Söhne nur bis zum 14. Lebensjahr auf. Sind die Söhne älter, müssen die flüchtenden Frauen sie in einen Notdienst geben oder beim gewalttätigen Partner zurücklassen. Die Autoren der Studie empfehlen deshalb, getrennte Wohneinheiten für Frauen mit größeren Jungen einzurichten. In den meisten Bundesländer werden Frauenhäuser und Schutzwohnungen aus verschiedenen Töpfen finanziert, oft aus Haushaltsmitteln des Landes, der Kommune sowie aus Leistungsansprüchen, wenn die Frauen arbeitslos sind oder Asyl suchend. Fallen sie nicht in diese Kategorien, müssen sie die Kosten ganz oder teilweise selbst tragen. Verbesserungsbedarf sieht Familienministerin Kristina Schröder bei der Finanzierung. Die Bundesländer regeln dies unterschiedlich. Meist werden die Mittel für die Leistungen der Frauenhäuser über eine Mischfinanzierung aus Fördermitteln der Länder und über Tagessätze aufgebracht. Meist übernehmen Sozialleistungsträger (zum Beispiel die Jobcenter) die Kosten, weil die Frauen selbst nicht über ausreichende Mittel verfügen. "Hier sehe ich in erster Linie die Bundesländer gefordert", sagte Schröder weiter. Die Länder sollten "ihren Gestaltungsspielraum so nutzen, dass die Einrichtungen auf eine verlässliche und transparente finanzielle Grundlage gestellt sind".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 15.08.2012

Zur Startseite