Theologe: Franziskus sorgt für einen "katholischen Frühling"

Nach Ansicht des katholischen Theologen Hans Küng hat Papst Franziskus innerhalb der Kirche für einen "katholischen Frühling" gesorgt.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Die Vereinfachung der Kleidung, die Veränderungen des Protokolls, die ganz andere Sprache, das sind keine Äußerlichkeiten. Franziskus hat einen Paradigmenwechsel eingeleitet", sagte Küng in einem Gespräch mit dem Hamburger Nachrichten-Magazin "Der Spiegel". Die Art und Weise wie dieser Papst agiere sei "ein Bruch mit der Art, wie Benedikt das Amt verstanden hat".

Franziskus sei am ehesten mit Papst Johannes XXIII. zu vergleichen, "aber er hat eine Schwäche von ihm nicht: Johannes XXIII. hat Reformen en passant gemacht, ohne Programm". Küng traut Franziskus nun zu, die Kirche grundlegend zu reformieren. "Juristisch gesehen hat der Papst eine größere Macht als der Präsident der Vereinigten Staaten. Er könnte, wenn er will, von heute auf morgen das Zölibatsgesetz abschaffen." Küng sagt: "Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass diese Frage weiter aufgeschoben wird, weil täglich weniger Priester für die Gemeinden da sind. Ich weiß nicht, wie man in der nächsten Generation noch Seelsorge in Deutschland leisten kann. Das Kirchenvolk ist weithin bereit zu dieser Reform." Gleichwohl sieht Küng auch die Gefahr eines Scheiterns der von Franziskus begonnenen Reformen. "Es besteht die gleiche Gefahr von Rückschlägen und einer Gegenbewegung wie beim Arabischen Frühling. Es gibt mächtige Gruppen in Vatikan und Weltkirche, die gerne das Rad zurückdrehen möchten. Die haben Angst um ihre Pfründen." In diesem Zusammenhang kritisiert Küng scharf die geplante Heiligsprechung von Johannes Paul II. "Ich kann nicht verstehen, dass dieser Papst heiliggesprochen werden soll. Er ist der widersprüchlichste Papst des 20. Jahrhunderts. Er war ein Marienverehrer – und verweigerte Frauen Ämter in der Kirche. Er predigte gegen Massenarmut – und verbietet Empfängnisverhütung." Johannes Paul II. habe "ständig anders geredet als gehandelt". So habe er auch Pater Marcial Maciel, "einen der schlimmsten Knabenschänder und Gründer der Legionäre Christi, gegen alle Kritik in Schutz genommen". Nach Angaben von Küng wurde die Heiligsprechung Wojtylas von Papst Benedikt XVI. forciert, "unter Missachtung aller vorgeschriebenen Fristen". Würde Papst Franziskus nun diesen Prozess stoppen, wäre das "nicht nur ein Affront gegen Benedikt, sondern auch gegen viele Polen. Ich kann verstehen, dass Franziskus das nicht will".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 08.12.2013

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