Thierse fordert mehr Toleranz und kritisiert Übermacht der Ökonomie

Wolfgang Thierse, bis vergangenen Oktober Vizepräsident des deutschen Bundestages, fordert mehr Toleranz innerhalb der Demokratie: "Eine Gemeinschaft kann nicht funktionieren ohne den Respekt vor den Unterschieden. Dieser Respekt ist auch vom Staat zu verlangen", schreibt Thierse in der Wochenzeitung "Die Zeit". Zu entscheiden, was den Kern der Identität einer Religionsgemeinschaft ausmache, sei, so Thierse - der an die Auseinandersetzungen um Moschee-Bauten, Karikaturen, Kopftücher, Kruzifixe und um die Beschneidung erinnert -allein "Sache der Religionsgemeinschaft selbst und der Zivilgesellschaft. Der weltanschaulich neutrale Staat vertritt eben keine Weltanschauung."

Religion brauche die Demokratie zu ihrer Entfaltung: "Religionsfreiheit ist ein genuines Freiheitsrecht und ein Kriterium für Freiheit schlechthin", so Thierse. "Deshalb sollten Christen, Juden und Muslime besonders engagierte Verfechter der Demokratie sein." Ohne Toleranz gehe es nicht: "Erst wenn Toleranz mehr wird als gnädige Duldung, nämlich Respekt vor dem anderen und seinem Wahrheitsanspruch, erst dann erhält die Toleranz auch ein Ja zur Freiheit des anderen. Erst dann gelingt Demokratie." Thierse kritisiert weiter die Übermacht der Ökonomie: "Jeder Mensch ist ein Kind Gottes. Er ist mehr als Arbeitskraft und Konsument und Wähler. Für das Evangelium bemisst sich der Wert eines Menschen nicht an Erfolg, Schönheit oder Nützlichkeit. Das Evangelium ist ein befreiender Einspruch gegen die Dominanz des Ökonomischen wie auch die Absolutsetzung des Politischen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 01.01.2014

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