Tochter von Albert Camus: Mein Vater war kein steifer Moralist

Catherine Camus, die Tochter des 1960 verstorbenen Literatur-Nobelpreisträgers Albert Camus ("Der Fremde", "Die Pest"), hat in einem ihrer seltenen Interviews über bisher kaum bekannte Seiten ihres Vaters gesprochen.

Paris (dts Nachrichtenagentur) - "Papa war sehr lebendig. Lange wurde er für einen steifen Moralisten gehalten. Aber das war er überhaupt nicht", sagte die 65-Jährige Französin der "Frankfurter Rundschau" (Samstagausgabe).

"Er war eigentlich der einzige in der Familie, der uns zum Lachen gebracht hat." Seit mehr als drei Jahrzehnten wacht die Anwältin als Nachlassverwalterin über das Werk ihres Vaters, hat unter anderem auch das 1994 veröffentlichte Roman-Fragment "Der erste Mensch" mit abgesegnet. Vor dem Mythos Camus sei sie lange Jahre weggelaufen.

"Weil ich Papas Tochter sein wollte, nicht die von Albert Camus. Um Gottes willen, bloß nicht die Tochter von Albert Camus", sagte sie der "Frankfurter Rundschau". "Wenn man als Tochter von Albert Camus wahrgenommen wird, haben die Leute plötzlich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie ich zu sein habe."

Als Frankreichs Präsident Sarkozy vorschlug, die sterblichen Überreste Camus` in den Pantheon zu überführen, geriet Catherine Camus ins Zentrum einer hitzigen Debatte. "Der Präsident hat diesen Vorschlag auf sehr würdevolle, feinfühlige und höfliche Art gemacht. Ich war weder dagegen noch dafür", sagte sie der "Frankfurter Rundschau".

"Aber in dem Moment, wo Sie das laut sagen, wird Ihnen unterstellt, eine blinde Anhängerin von Sarkozy zu sein. Die Reaktionen waren dermaßen aggressiv, dass ich entsetzt war." Den Vorwurf, Sarkozy habe Camus für sich vereinnahmen wollen, lässt sie nicht gelten. "Mein Vater lässt sich nicht vereinnahmen. Von nichts und niemandem", sagt seine Tochter.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.01.2011

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