Todenhöfer über Assad-Interview: "Er trägt die Verantwortung für Tod von Zivilisten"

In einem Gastbeitrag für die "Bild-Zeitung" (Montagausgabe) schildert der Publizist Jürgen Todenhöfer exklusiv die Umstände seines Interviews mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, das am Sonntag von der ARD ausgestrahlt wurde.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die syrische Regierung habe für das Interview "präzise Bedingungen" gestellt, so Todenhöfer in seinem Gastbeitrag. "Kein ausländischer Kameramann durfte während des Interviews in den Aufnahmeraum." In seinem Gastbeitrag äußert sich Todenhöfer kritisch über Präsident Assad, aber auch über die syrische Opposition.

"Aus den friedlichen Demonstrationen der ersten Monate ist längst ein Krieg staatlicher Sicherheitskräfte gegen schwer bewaffnete Rebellen geworden", schreibt Todenhöfer in der "Bild-Zeitung". "Die friedlichen Demonstranten von einst sind an den Rand gedrängt. Wer diesen Krieg mit dem Slogan beschreibt: `Ein Diktator tötet sein eigenes Volk`, hat nichts verstanden."

An Assad habe er vieles zu kritisieren, so Todenhöfer. "Er trägt die Verantwortung, dass seine Sicherheitskräfte bei den ersten Protesten in Deraa in die Menge schossen und Zivilisten töteten. Er hat zu verantworten, dass seine Sicherheitskräfte Wohnviertel, in denen sich bewaffnete Rebellen hinter Zivilisten verschanzen, mit schweren Waffen angreifen. Dabei werden auch Zivilisten getötet." An die Opposition gerichtet schreibt Jürgen Todenhöfer in seinem Gastbeitrag: "Die radikalisierten Gruppen der Rebellen kritisiere ich, weil sie gezielt Zivilisten töten und diese anschließend als Opfer der Regierung ausgeben. Diese `Massaker-Marketing-Strategie` gehört zum Widerlichsten, was ich in kriegerischen Auseinandersetzungen jemals erlebt habe. Ich werfe den radikalen Gruppierungen der Rebellen vor, dass sie sich inzwischen mit Al-Qaida-Kämpfern verbündet haben." Auch seine Motivation, das Interview mit Assad zu führen, schildert Todenhöfer. Er habe erreichen wollen, so Todenhöfer in der "Bild-Zeitung", "dass der Westen einen seiner Hauptfeinde etwas näher kennenlernt. Weil ich nach den Katastrophen in Afghanistan und im Irak noch immer hoffe, dass unsere Politiker einsehen, dass Verhandlungen besser sind als Kriege."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 09.07.2012

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