Trittin warnt SPD vor großer Koalition und wirbt um Gewerkschafter-Stimmen für Grüne

Vor dem Bundesparteitag der SPD warnt Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin die Sozialdemokraten vor Gedankenspielen über eine große Koalition mit der Union: "Es könnte in der SPD zu einem Liebäugeln mit der großen Koalition kommen. Die sollten sich erinnern: Aus der letzten sind sie mit 23 Prozent rausgekommen", sagte Trittin im Interview mit der "Welt" (Online: Freitag; Print: Samstag). Gerade aus Sicht der Gewerkschaften, so Trittin weiter, sei ein Bündnis der SPD mit CDU/CSU nicht erstrebenswert: "Ich habe den Eindruck, dass die meisten Gewerkschafter die Bilanz der großen Koalition sehr mager finden und sich von Rot-Grün mehr versprechen". Daher sollten die Gewerkschafter lieber die Grünen wählen.

"Diesen Gewerkschaftern rate ich: Wenn ihr wegen eurer ureigensten Interessen für Rot-Grün seid und auf Nummer sicher gehen wollt, dann wählt die Grünen." Trittin fügte hinzu: "Gewerkschaftsvorsitzende sollten sich die Bilanz der großen Koalition nicht schön reden." Damit wandte sich Trittin gegen DGB-Chef Michael Sommer, der unlängst in der "Welt" der großen Koalition von 2005 bis 2009 ein gutes Zeugnis ausgestellt hatte: "Die meisten Gewerkschafter, die ich kenne, sehen das anders", sagte Trittin.

Sommer solle "bedenken, dass die große Koalition keinen Mindestlohn hinbekommen hat, dafür aber eine extrem teure Form der Bankenrettung zu Lasten der Arbeitnehmer". Beim Werben für Rot-Grün äußerte sich Trittin positiv über die These von SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass in seinem solchen Bündnis die Grünen die ehemalige Rolle der FDP im sozialliberalen Sinne übernehmen könnten. "Dieser Liberalismus-Begriff ist ein Kompliment für uns", sagte Trittin und betonte, "dass wir Grüne für individuelle Freiheit stehen und zugleich um unsere Verantwortung für soziale Gerechtigkeit und zukünftige Generationen wissen. Diese Vorstellung von Liberalismus - im Sinne der amerikanischen "Liberals" - ist mir sehr sympathisch." Denn darin verbänden sich "Freiheitsbewusstsein" und die "Solidarität mit einem auf Befähigung setzenden Gemeinwesen". Bei der Frage nach eigenen Ambitionen aufs Amt des Bundesfinanzministeriums hielt sich Trittin alles offen: "Man darf den Tofu erst verteilen, wenn er gegoren ist", sagte er und führte aus: "Mir ist es recht, wenn den Grünen zugetraut wird, die gesamte Breite der politischen Thematik konzeptionell und personell gut abzubilden."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 12.04.2013

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