Ukraine: Experten uneins über neue Gespräche

Sicherheitspolitische Experten bewerten den Vorschlag von Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) für neue Ukraine-Gespräche in Genf unter Beteiligung der prorussischen Aktivisten unterschiedlich.

Kiew (dts Nachrichtenagentur) - "Ich begrüße diesen Vorstoß, lässt er doch erkennen, dass Realismus hinsichtlich der Situation in der Ukraine in die deutsche Politik eingekehrt ist", sagte Carlo Masala, Professor für internationale Politik an der Bundeswehr-Universität München, dem "Handelsblatt-Online". "Ob man es persönlich mag oder nicht, sei dahingestellt, aber man muss die sezessionistischen Kräfte in der Ostukraine mit an den Verhandlungstisch bringen, da die Stabilität jedweder Lösung davon abhängt, dass diese Kräfte sich ihr verpflichten." Von daher sei die Äußerungen von Staatsminister Roth "klug und realistisch".

Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK), Joachim Krause, warnte davor, Gespräche mit Separatisten in Betracht zu ziehen. "Damit wertet man diese zweifelhaften Charaktere nicht nur politisch auf, was ganz im Sinne Moskaus ist, man festigt auch das Scheitern des Genfer Ansatzes", sagte Krause dem "Handelsblatt-Online". Eines hätten die Erfahrungen der letzten Wochen deutlich gezeigt, gab der Politikwissenschaftler zu bedenken: "Der Genfer Prozess bleibt so lange wirkungslos, wie die russische Regierung glaubt uns vortäuschen zu können, dass sie die Führer der "Volksdemokratien" nicht kontrolliert."

Die Verantwortung für die derzeitige Situation liege in Moskau und man sollte den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht aus dieser entlassen. "Alles andere ist illusorisch und führt uns auf Abwege, wo wir die politische Kontrolle über die Krise rasch verlieren werden." Krause wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die prorussischen Aktivisten von russischer Seite mit Waffen und Spezialeinheiten, den sogenannten Spetsnaz-Truppen, "massiv" unterstützt würden.

Aufgefallen seien die Separatisten zudem bislang durch die Besetzung staatlicher Gebäude, durch "wirre" Stellungnahmen, die Blockade von Großstädten und die Terrorisierung von Andersdenkenden. Insofern wage er zu bezweifeln, ob es sinnvoll sei, mit ihnen zu verhandeln.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 12.05.2014

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