Umstrittenes Israel-Gedicht: Zentralrat der Juden attackiert Grass

Die Debatte um die scharfe Kritik des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass am Staat Israel reißt nicht ab.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Wer antisemitisch agitiert, wer judenfeindlich argumentiert, wer antisemitische Klischees zuhauf verwendet – was wäre der denn anderes als ein Antisemit?", schreibt Dieter Graumann, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in einem Gastbeitrag für "Handelsblatt-Online". Grass’ Gedicht sei ein Pamphlet von Hass und Hetze. Das Etikett Lyrik werde hier missbraucht, um eine üble Gesinnung zu transportieren.

Grass hatte am Mittwoch in verschiedenen Zeitungen das Gedicht "Was gesagt werden muss" veröffentlicht. Darin ging er mit der Politik Israels gegen den Iran hart ins Gericht. Er nannte den jüdischen Staat wegen seines drohenden Militärschlags gegen den Iran eine Gefahr für den Weltfrieden.

Israel beanspruche für sich das Recht auf einen Erstschlag, der "das von einem Maulhelden unterjochte und zum organisierten Jubel gelenkte iranische Volk auslöschen könnte, weil in dessen Machtbereich der Bau einer Atombombe vermutet wird", schrieb der 84-Jährige in dem Gedicht. Graumann wirft Grass vor, sich mit dem Begriff "auslöschen" im Nazijargon zu bedienen. Und er stellt die Frage, ob es sich bei dem Gedicht um das literarische Erbe des Nobelpreisträgers handele.

"Wie schade wäre das doch angesichts der Meisterwerke, die Grass wirklich schrieb. Hier allerdings finden wir ein Vermächtnis von Verdrehung, von Verlogenheit und von Verirrung, bestückt mit judenfeindlichen Klischees ohne Ende", schreibt der Zentralratspräsident. Graumanns Fazit: "Günter Grass hat zwar die Waffen-SS verlassen. Aber offenbar hat die Judenfeindschaft der Waffen-SS Günter Grass doch niemals verlassen." Ein großartiger Autor demontiere und demaskierte sich selbst.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 05.04.2012

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