Ungarns Regierungschef Orban: Seit September Ermittlungen gegen Csatary

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat erstmals bestätigt, dass gegen den mutmaßlichen ungarischen Naziverbrecher Laszlo Csatary Ermittlungen der Behörden seines Landes bereits seit September 2011 laufen.

Budapest (dts Nachrichtenagentur) - Der ehemalige Polizeichef im ungarisch besetzten Teil der Slowakei, der sich offenbar seit 17 Jahren in Budapest versteckt hatte, war am Mittwoch verhaftet worden. In einem Interview des Nachrichtenmagazins "Focus" trat Orban zugleich Vermutungen entgegen, die ungarische Justiz könne den 97-Jährigen auf politischen Druck hin von Strafe verschonen. "Ungarn steht in der europäischen Rechtstradition: Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren nicht", sagte der Rechtskonservative.

Die ungarische Staatsanwaltschaft stehe im Übrigen seit 20 Jahren unter der Kontrolle des Parlaments und nicht unter der der Regierung. Der Justizminister sei damit gegenüber der Staatsanwaltschaft nicht weisungsbefugt. "Meine eigene Position ist klar. Null Toleranz, ob bei Antisemitismus oder Romafeindlichkeit", betonte Orban. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem und andere hatten Zweifel daran geäußert, dass die Verhaftung Csatarys auch juristische Folgen für ihn haben werde, weil die Regierung Orban "zu rechts" sei. Auf einen Wink des Zentrums hin hatten Reporter der britischen Zeitung "Sun" Csatary in seiner Wohnung aufgespürt.

Orban machte im Gespräch mit "Focus" weiter deutlich, dass Ungarn einen Anschluss an die Eurozone noch einmal überdenken möchte. Die Mitteleuropäer hätten zwar vertraglich beim EU-Beitritt erklärt, sich der Eurozone anzuschließen, sobald sie dazu in der Lage wären. Das sei damals richtig gewesen.

Aber die Eurozone sei nicht mehr die von 2004, so Orban. Damals sei von einer Fiskal-, Banken- und politischen Union noch nicht die Rede gewesen. "Deshalb hat jeder das Recht, seine Position zu überdenken. Die Antwort hängt vom Erfolg der jetzigen Eurozone ab." Bei einer Bankenunion müsse Ungarn grundsätzlich überlegen, ob der Forint damit sicherer oder zerbrechlicher werde.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.07.2012

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