VW-Affäre: TÜV Nord erhebt schwere Vorwürfe gegen Bundesregierung

In der VW-Affäre hat der TÜV Nord schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Diese habe den Prüfern auf Drängen der Automobilindustrie untersagt, die Motorsoftware zu untersuchen, berichtet die Zeitung "Die Welt". "Wir haben leider gesetzlich keinerlei Möglichkeit, Einblicke in die Motorsteuerung und die dort verbaute Software der Fahrzeuge zu nehmen", sagte TÜV-Nord-Chef Guido Rettig der "Welt". "Aus diesem Grund hatten unsere Sachverständigen keine Chance, die Manipulationen bei Stickoxiden von Dieselfahrzeugen zu erkennen."

Ein Fehlverhalten des TÜV liege nicht vor. Wie Rettig weiter sagte, plädierten die technischen Dienstleister seit Jahren dafür, den Prüfauftrag auch auf die Motorsoftware auszudehnen. Die Autoindustrie habe dies mit dem Argument abgelehnt, es handele sich um Betriebsgeheimnisse.

Die zuständigen Bundesministerien hätten im Sinne der Autokonzerne entschieden. "Wir haben jahrelang darauf hingewiesen, dass die Motorsoftware Teil unseres Prüfauftrags werden muss. Ohne Erfolg", sagte Rettig: "Die Hersteller haben gegenüber der Politik geltend gemacht, dass es sich bei der Motorsoftware um ein Betriebsgeheimnis handele. Nicht einmal uns, den vom Staat benannten technischen Diensten, dürfe dies erlaubt werden. Die zuständigen Bundesministerien sind dem leider gefolgt." Für die Zukunft empfiehlt Rettig, der auch Präsidiumsmitglied im Bundesverband Deutscher Industrie (BDI) ist, dass die Typenzulassungen nicht mehr von den Herstellern beauftragt werden, sondern vom Kraftfahrt-Bundesamt.

"Dann hätten sich alle Spekulationen über eine angeblich zu große Nähe zwischen Prüfern und Fahrzeug-Herstellern erledigt", sagte Rettig. Zusätzlich sollte das Regelwerk so erweitert werden, dass die Prüforganisationen die Motorsoftware anschauen dürfen. "Auch der Fahrwiderstand des Fahrzeugs auf der Rolle darf in Zukunft kein Wert mehr sein, der von den Herstellern selbst ermittelt und dem TÜV lediglich mitgeteilt wird", forderte Rettig: "Den wollen wir schon selber feststellen dürfen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.11.2015

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