Varoufakis setzt im Schulden-Streit auf Merkel

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis setzt im Schulden-Streit mit den Gläubigern und der Euro-Gruppe auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Die Regierungschefs der EU müssen handeln. Und von ihnen hält sie als die Vertreterin des wichtigsten Landes den Schlüssel in der Hand. Ich hoffe, sie nutzt ihn", sagte Varoufakis der "Bild" (Montag). Die Ansetzung eines Referendums über das Angebot der Gläubiger und Euro-Finanzminister durch Regierungschef Alexis Tsipras begründete Varoufakis gegenüber der Zeitung so: "Wir konnten dem Vorschlag nicht zustimmen, konnten ihn aber auch nicht einfach zurückweisen angesichts der Bedeutung der Sache für die Zukunft Griechenlands. So haben wir uns entschieden, uns an die Bürger zu wenden, ihnen unsere ablehnende Haltung dazu zu erläutern, aber ihnen die Wahl zu lassen." Varoufakis betonte, die griechische Seite sei "für neue Vorschläge der Institutionen aber offen". Diese könnten dann jederzeit Gegenstand der Volksbefragung werden, wenn sie "signifikant besser" seien als die vorherigen.

Varoufakis zu "Bild": "Dann können wir unsere Empfehlung jederzeit ändern und den Wählern vorschlagen, für sie zu stimmen." Die griechische Regierung sei "weiter bereit, zu verhandeln in der Zeit, in der die Menschen ihre Abwägung zu treffen haben", so Varoufakis. Den Institutionen Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds und EU-Kommission sprach Varoufakis im Interview mit "Bild" die Zuständigkeit ab: "Die Institutionen haben kein Mandat dafür, schwierige Reformen mit einer klugen Umschuldungspolitik zu verbinden. Die EU-Spitze in Brüssel ist für politische Initiativen nicht geschaffen." Auf die Frage, ob von griechischer Seite ein eigener neuer Vorschlag vorlegt wird, antwortete Varoufakis: "Nein, wir haben unsere Vorstellungen bereits auf den Tisch gelegt." Es sei nun an den Institutionen, "guten Willen zu zeigen".

Er sei zwar "ein ewiger Optimist", so Varoufakis, und Europa habe wieder und wieder nachgewiesen, dass es seine Wunden heilen und seine Streitereien überwinden könne. Doch in den zurückliegenden Gesprächen sei Griechenland von der Gläubiger-Seite "immer gesagt worden, wir könnten jede Übereinkunft haben, die wir wollten - aber nur wenn es genau die ist, die dem Memorandum der Institutionen entspricht". Auf die Frage, was ohne eine Einigung mit den Geldgebern nach dem Auslaufen des 2. Hilfspakets am 1.Juli passiert, sagte Varoufakis: "Wenn Europa solch ein fürchterliches Geschehen zulässt - nur um unsere Regierung zu demütigen, dann müssen sich die Europäer die Frage stellen, die der italienische Regierungschef angesichts des spektakulären Scheiterns in der Flüchtlingsfrage stellte: `Wollen wir solch ein Europa`", so der griechische Finanzminister.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 28.06.2015

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