VdK-Präsidentin bemängelt Altersdiskriminierung bei Gesundheit

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, hat eine zunehmende Diskriminierung der Senioren bei der medizinischen Versorgung kritisiert.

Bonn (dts Nachrichtenagentur) - In der "Bild-Zeitung" (Dienstagausgabe) warf sie den Ärzten vor, ältere Patienten psychotherapeutische Behandlungen vorzuenthalten und ihnen viel zu viele Medikamente zu verschreiben. "Es ist erschreckend, dass viele Altersdepressionen nicht erkannt werden", sagte Mascher weiterhin. "Wir brauchen sensible Mediziner, die sich Zeit nehmen, um solche Diagnosen stellen zu können. Leider gibt es auch immer noch zu viele Ärzte, die glauben, eine psychotherapeutische Behandlung hätte im Alter keinen Sinn mehr." Bei der Verordnung von Medikamenten seien viele Ärzte dagegen zu fahrlässig. Kaum ein Arzt kümmere sich um Wechsel- und Nebenwirkungen.

Außerdem seien viele Medikamente für Ältere gar nicht getestet. Mascher: "Das kann einen alten Menschen kränker machen, als er ist." Die VdK-Präsidentin reagierte damit auf Passagen des im November verabschiedeten Altenberichts der Bundesregierung, die bisher in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wurden.

In dem Bericht kritisiert auch die Bundesregierung eine zunehmende Altersdiskriminierung bei der medizinischen Versorgung. Der Regierungsbericht prangert laut "Bild" massiv an, dass Senioren zu viele und falsche Arzneien verschrieben bekommen. "Im Höheren Lebensalter kann es vermehrt zu beträchtlichen unerwünschten Wirkungen bei der Verabreichung von Medikamenten kommen", heißt es in dem Papier.

Trotzdem gebe einen "zum Teil fast sorglosen Umgang mit mehreren Medikamenten". So nehme ein Fünftel der über 70jährigen 13 und mehr Wirkstoffe ein. Im Schnitt erhalten über 80jährige bis zu 1343 Tagesdosen pro Jahr. Bei den Ärzten seien "Kenntnisse über Wechselwirkungen und unerwünschte Nebenwirkungen häufig mangelhaft". Zur psychotherapeutische Versorgung älterer Menschen heißt es in dem Regierungsbericht, dass über 60jährigen nur die Hälfte der notwendigen Behandlungen verordnet bekommen. Vor allem bei den über 70jährigen gebe es "ein deutliches Versorgungsdefizit". Dies liege auch daran, dass die Alten bei den Ärzten als schwierige Patienten" gelten. Bemängelt wird in dem Bericht zudem, dass es auch bei der ärztlichen Behandlung "vielfach zu einer verdeckten Altersrationierung" komme. So seien bei Vergleichsstudien zwischen jüngeren und älteren Patienten mit weit verbreiteten Todesursachen wie Krebs und Herz-/Kreislauferkrankungen "altersdiskriminierende Muster nachgewiesen" worden. Über 65jährige mit Herzinfarkt erhielten demnach "eine weniger kostenintensive Behandlung" als jüngere Personen. Auch bei Patienten mit akutem Oberbauchschmerz, Herzinsuffizienz oder koronarer Herzkrankheit würden Jüngere besser behandelt. "Dabei ist ein Maximum ärztlicher Bemühungen im mittleren Alter zu beobachten, während bei den über 90jährigen durchgehend die wenigsten Leistungen erbracht wurden", zitiert die Zeitung den Regierungsbericht. Benachteiligungen für die Alten gebe es zudem bei der Rehabilitation. Obwohl der Grundsatz "Reha vor Pflege" gelte, würden Reha-Behandlungen bei Senioren zu selten genehmigt. Die Begutachtungen bei Senioren würden "fast ausschließlich von Pflegekräften durchgeführt, die oft keine hinreichende Qualifikation" aufwiesen. Es würden deshalb "so gut wie keine Reha-Empfehlungen in der Pflegestufe I gegeben". Dadurch müssten die Betroffenen "unnötigerweise vorzeitig in die Dauerpflege". Laut dem Bericht sei es außerdem problematisch, "dass seitens der Kassen eine restriktive Bewilligungspraxis besteht und die Belange der Kassen in die Begutachtung miteinfließen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 14.12.2010

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