Verbände uneins über Klage gegen die EZB

Forderungen mehrerer Koalitionspolitiker nach einer Klage gegen die Europäische Zentralbank (EZB) wegen der angekündigten unbegrenzten Anleihe-Aufkäufe haben bei Verbänden ein unterschiedliches Echo ausgelöst.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Zwar halte auch er den EZB-Beschluss für "mehr als grenzwertig", sagte der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel, "Handelsblatt-Online" mit Blick auf einen entsprechenden Vorstoß des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler. Definitiv habe die EZB durch ihre Politik "sämtliche Grundprinzipien und den Geist von Maastricht über den Haufen geworfen". Doch müsse Gauweiler auch sehen, dass die Bundesregierung ausdrücklich den Kurs der EZB mittrage.

"Diese jetzt zu einer Klage gegen die EZB-Politik aufzufordern, wirkt populistisch." Bei aller Unsicherheit über etwaige Kompetenzfragen bleibe aber auch festzuhalten, "dass das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Gerichtshof grundsätzlich keine Instanzen sind und sein dürfen, die ständig politische Fehlentscheidungen geradezubiegen haben". Diesen Klärungsprozess müsse die Politik alleine schaffen, das müsse ihr abverlangt werden.

Der Präsident des Familienunternehmer-Verbands, Lutz Goebel, und die Vorsitzender der Jungen Unternehmer, Marie-Christine Ostermann, unterstützten dagegen die Klage-Forderungen. Wenn die EZB wieder den Ankauf von Staatsanleihen aufnehme, erhöhe sie "massiv" das Haftungsrisiko für die solideren Euro-Mitglieder. "Das ist Staatsfinanzierung durch die Zentralbank, die nicht durch die Europäischen Verträge gedeckt ist", sagte Goebel "Handelsblatt-Online".

"Deshalb muss das Vorgehen der EZB vor dem Europäischen Gerichtshof überprüft werden." Ostermann sagte: "Ich habe große Sympathie dafür, das schädliche Aufkaufprogramm der EZB rechtlich überprüfen zu lassen." Das EZB-Programm bedeute Staatsfinanzierung durch die Notenpresse, die durch das EZB-Statut nicht gedeckt sei.

Familienunternehmer-Verbandchef Goebel äußerte scharfe Kritik an EZB-Präsident Mario Draghi. Die Zentralbank habe ihre politische Unabhängigkeit zur Umdeutung ihres Mandates "eindeutig missbraucht", sagte er. "Herr Draghi handelt nicht im rechtsfreien Raum." Es sei daher eine "Fehlkonstruktion" der Europäischen Verträge, dass im Falle einer EuGH-Klage nur die Bundesregierung handeln könne. "Aber sie wird es müssen", betonte Goebel. "Dauerhaft wird die Stabilität unserer Währung mit dem Aufkaufprogramm torpediert, droht allen Sparern und Rentner eine Entwertung ihrer erarbeiteten Spareinlagen, Lebensversicherungen und Renten." Ostermann äußerte überdies die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht der Politik mit ihrem geplanten Euro-Dauerrettungsschirm ESM die Grenzen aufzeigt. Der ESM sei nicht nur ein "gefährliches Fundament" für eine dauerhafte Transferunion, er ermögliche auch die Schuldenfinanzierung durch die EZB. "Das Bundesverfassungsgericht muss diese Gefahr für Europa erkennen und den ESM stoppen", sagte Ostermann.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 07.09.2012

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