Verteidigungspolitiker: Bedrohte afghanische Ortskräfte großzügig aufnehmen

Verteidigungspolitiker von Regierung und Opposition haben an Innenminister Friedrich (CSU) appelliert, sich für eine großzügige Aufnahme bedrohter afghanischer Ortskräfte in Deutschland einzusetzen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Ich kann und will nicht mit der Vorstellung leben, dass in Afghanistan Menschen erpresst oder getötet werden, nur weil sie für uns gearbeitet haben", sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Elke Hoff der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.) Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ernst-Reinhard Beck (CDU) sagte der F.A.S.: "Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, wir ließen unsere Leute im Stich. Schließlich ist die Bundeswehr in jedem Konfliktgebiet auf Ortskräfte angewiesen." Die Bundeswehr beschäftigt in Afghanistan derzeit 1300 Ortskräfte, davon ein Drittel Übersetzer, weitere 170 Afghanen sind in der Polizeiausbildung tätig, die vom Innenministerium verantwortet wird.

Bislang haben 27 Beschäftigte einen Aufnahmeantrag für Deutschland gestellt. Die betroffenen Ministerien haben unter Federführung des Innenministers einen Kriterienkatalog zur Beurteilung des Gefährdungspotentials erstellt. Er sieht nach F.A.S.-Informationen vor, dass Antragsteller konkrete Bedrohungen ihrer Person nachweisen müssen; der Verweis auf die allgemeine Gefährdungslage reicht nicht aus.

Der 14-Punkte-Katalog erfasst außerdem, ob ein Antragsteller einen sichtbaren Beitrag zum Erfolg des deutschen Einsatzes geleistet hat und ob er über sicherheitsrelevante Kenntnisse verfügt. Die Antragprüfer sind ausdrücklich gehalten, zu prüfen, ob ein Umzug in Afghanistan die Bedrohungslage ändern würde. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Hoff kritisierte, dass der Kriterienkatalog vom Innenminister als geheim eingestuft worden und nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags zugänglich sei.

"Hier fehlt jede Sensibilität für die Lage in Afghanistan. Als Abgeordnete kann ich dieses geheimniskrämerische Vorgehen nicht akzeptieren", sagte Frau Hoff. Der Katalog müsse im Bundestag diskutiert und gegebenenfalls so verändert werden, "dass gefährdete afghanische Helfer und ihre Familien bei uns eine unbürokratische Aufnahme finden".

Der CDU-Verteidigungspolitiker Beck sprach sich für eine großzügige Anwendung der Kriterien aus. Dabei solle unbedingt das Urteil des deutsche Vorgesetzten einer afghanischen Ortskraft berücksichtigt werden. In diesem Sinne äußerte sich auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Rainer Arnold. Er nannte den Umzug von bedrohten Ortskräften in Afghanistan unzweckmäßig: "Man kann angesichts der Clanstrukturen nicht einfach jemanden in ein fremdes Dorf verpflanzen", sagte Arnold der F.A.S. Das Innenministerium verwies gegenüber der F.A.S. darauf, dass bislang über keinen Aufnahmeantrag endgültig entschieden worden sei. Die beteiligten Ministerien prüften die Anträge derzeit noch durch eigene Beauftragte. Das Innenministerium sei sich seiner Verantwortung bewusst. Es verwies zugleich darauf, dass die afghanische Regierung sich gegenüber der Bundesregierung deutlich gegen die Aufnahme von Ortskräften in Deutschland ausgesprochen habe; diese Position müsse in die Überlegungen einfließen.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.05.2013

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