Wirtschaftsforscher verteidigt Ökonomen-Aufruf

Der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, hat den von ihm mitunterzeichneten Aufruf von mehr als 160 Ökonomen gegen die Beschlüsse des EU-Gipfels für eine Bankenunion verteidigt.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Europa stehe an einer "historischen Wegscheide", daher komme der Aufruf der Ökonomen zum richtigen Zeitpunkt. "Aus meiner Sicht ist er ein Alarmruf fünf Minuten vor zwölf", schreibt Zimmermann in einem Gastbeitrag für "Handelsblatt-Online". Die führenden deutschen Ökonomen hätten sich gemeinsam zu Wort gemeldet, "nicht um der Politik vors Schienbein zu treten, sondern um die Grundsätze deutlich zu machen, auf denen die Wirtschafts- und Währungsunion in Zukunft aufgebaut werden müssen, damit das verloren gegangene Vertrauen der Märkte wie der Bürger wieder zurück gewonnen werden kann".

Um einen Zerfall der europäischen Idee zu verhindern, müsse die europäische Integration vertieft werden. Dies bedeute eine Abgabe weiterer Souveränitätsrechte an europäische Institutionen gerade in den sensiblen Bereichen der Wirtschafts- und Finanzpolitik – allerdings eingebunden in eine demokratische Kontrolle, voran durch das Europäische Parlament. Notwendig sei eine unabhängige europäische fiskalpolitische Instanz, die effektiver für Spardisziplin sorge, als es das ursprüngliche Regelwerk ermögliche, das Anfang 1992 in Maastricht beschlossen und im Stabilitäts- und Wachstumspakt ausformuliert wurde.

"Wir brauchen eine europäische Autorität, die die notwendigen Durchgriffsrechte auf die nationale Ebene hat, wenn Haushaltsplanungen und –vorgaben nicht eingehalten werden", schreibt Zimmermann. "Dazu gehören im Konfliktfall auch Sanktionsmechanismen, die nicht wie bisher der politischen Opportunität geopfert werden dürfen." Das jetzige Beschlusspaket zur "Fiskalunion" sei der richtige Lösungsansatz.

Diese Überlegungen liefen im Kern auf ein europäisches "Finanzministerium" hinaus, das sich um eine koordinierte Haushaltspolitik ebenso kümmere wie um die gemeinsamen Spielregeln für den Banken- und Finanzsektor, und das ebenso die EU in den entsprechenden internationalen Institutionen vertrete, damit Europa dort künftig mit einer Stimme spreche.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 09.07.2012

Zur Startseite