Wirtschaftsweise Schnabel warnt vor unbegrenzter Zuwanderung

Die Bonner Wirtschaftsweise Isabel Schnabel hat vor einer unbegrenzten Zuwanderung gewarnt.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Jedes Jahr eine Million Flüchtlinge hier aufzunehmen, das wird nicht funktionieren", sagte sie im Gespräch mit der "Welt". Allerdings werde Deutschland viel früher an seine politischen Grenzen stoßen als an die ökonomischen. Erste Anzeichen dafür gebe es bereits.

Auch unabhängig von den jüngsten Ereignissen in Köln und anderen Städten sei es daher wichtig, das entsprechende Signal zu senden: "Eine unbegrenzte Zuwanderung ist sicher nicht zu tragen. Die Lasten sind verkraftbar, wenn es gelingt, die Zuwanderung in Grenzen zu halten." Konkrete Obergrenzen, wie sie etwa CSU-Chef Horst Seehofer fordert, hält die Ökonomin allerdings für unrealistisch.

Stattdessen sei eine europäische Lösung gefordert. "Um es konkret zu sagen: Wenn man sich der Grenze der Belastbarkeit nähert, muss die Politik über eine Verschärfung der Kriterien für die Gewährung von Asyl nachdenken. Und zwar europaweit, denn es geht hier um ein europäisches Problem, nicht um ein deutsches", so Schnabel.

Mit Sorge registriert die Spitzenökonomin auch, dass die Fliehkräfte innerhalb Europas zunehmen. Kanzlerin Angela Merkel habe sich dabei in eine ungünstige Verhandlungsposition manövriert: "Die anderen Länder können nun bequem auf Deutschland verweisen. Wenn Frau Merkel nun trotzdem Unterstützung möchte, wird sie dafür einen politischen Preis bezahlen müssen", so Schnabel.

Die Ökonomin warnte auch vor überzogenen Vorstellungen in Bezug auf die langfristigen Effekte der Massenflucht nach Deutschland. "Diesen Zuzug als eine Art wirtschaftliches Sanierungsprogramm für Deutschland darzustellen, halte ich für einen Fehler. Das weckt Erwartungen, die nicht erfüllt werden können." Natürlich biete die Zuwanderung auch Chancen. Aber die meisten Flüchtlinge, die nach Deutschland kämen, seien nicht so gut qualifiziert, dass sich mit ihnen der Fachkräftemangel beheben ließe: "Und selbst bei intensivster Förderung wird sich nicht aus jedem Flüchtling ein Facharbeiter machen lassen." Der Idee eines Flüchtlingssoli erteilte die Bonner Ökonomin eine klare Absage. "Wenn man den Bürgern jetzt zusätzliche Steuern aufbürdet, um die Flüchtlinge zu finanzieren, wäre das politisch ein falsches Signal. Dadurch schafft man erst recht Animositäten." Abgesehen davon gebe es angesichts der derzeit guten fiskalischen Lage keine Notwendigkeit, über Steuererhöhungen nachzudenken.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.01.2016

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