Wirtschaftsweise warnen vor Krisenverschärfung

Aus Sicht der fünf Wirtschaftsweisen ist die Krise in der Europäischen Währungsunion noch lange nicht ausgestanden: Nach Monaten der Eskalation habe sich die Situation zwar gegenwärtig sichtlich entspannt - es gebe aber keinen Anlass zur Entwarnung.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Denn das Jahr 2012 ist für den Euro-Raum mit erheblichen Herausforderungen verbunden", schreiben sie in einem gemeinsamen Gastbeitrag für das "Handelsblatt" (Montagsausgabe). Das Bankensystem des Euro-Raums sei "alles andere als gefestigt", warnen sie. "Im Gegenteil: Die mit rund 450 Milliarden Euro ausgesprochen hohen Guthaben in der Einlagenfazilität der EZB verdeutlichen ebenso wie die nach wie vor steigenden Target-Salden, wie wenig sich die Banken wechselseitig vertrauen."

Und die rückläufigen Bankkredite an Unternehmen und private Haushalte ließen erkennen, dass die Instabilität des Bankensystems zunehmend auf die Realwirtschaft ausstrahle. "Somit ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass die Krise sich erneut zuspitzen könnte", warnt der Sachverständigenrat. Der Sachverständigenrat sprach sich vehement gegen eine weitere Vereinnahmung der Europäischen Zentralbank (EZB) aus.

"Gerade die deutsche Politik sollte alles daran setzen, dass die ordnungspolitisch gut begründete Trennung zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik im Euro-Raum möglichst bald wieder hergestellt wird", schreiben die Wirtschaftsweisen in dem Beitrag. Als Lösungsweg haben die Ökonomen ihren Vorschlag, einen Schuldentilgungspakt, bekräftigt. Der unterscheide sich trotz der gemeinsamen Haftung wesentlich von sogenannten Euro-Bonds, da der Fonds von vornherein sowohl zeitlich als auch quantitativ beschränkt bleibe, schreiben die fünf Ökonomen.

"Zudem werden nach Abschluss der Auslagerung die laufenden Defizite von den Nationalstaaten wieder in eigener Verantwortung am Markt finanziert - die Marktdisziplin kann so über unterschiedliche Zinssätze wieder wirken." Durch die regelmäßigen Tilgungszahlungen der Länder schrumpfe der Fonds stetig und schaffe sich somit selbst ab -"im Gegensatz zu den auf Dauer angelegten Euro-Bonds." Es gebe keinen Zweifel, dass die politische Umsetzung des Schuldentilgungspakts mit großen Widerständen verbunden wäre, geben die Ökonomen zu.

Im Vergleich dazu erscheine es sehr viel einfacher, weiter auf die indirekte Staatsfinanzierung über die EZB zu setzen. "Doch das kann nicht gut gehen", warnen sie. Dem wichtigsten Ökonomengremium in Deutschland gehören neben dem Vorsitzenden Wolfgang Franz auch Beatrice Weder di Mauro, Peter Bofinger, Lars Feld und Christoph Schmidt an – noch. Die zweite Amtszeit der Mainzer Ökonomin Weder di Mauro endet an diesem Mittwoch: Ab März gehört die Tübinger Professorin Claudia Buch dem Gremium an, die wie ihre Vorgängerin Bankenexpertin ist.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 26.02.2012

Zur Startseite